Progeroide Variante eines Marfan-Syndroms

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REPORT


raul-Neumann1 · K. Hoffmann2 · P. Robinson1 · D. Horn1 1 Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik,

Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum 2 Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Halle

Progeroide Variante eines Marfan-Syndroms Eine neue Entität

Die neonatalen Progeroid-Syndrome (NPS) wie Wiedemann–RautenstrauchSyndrome (MIM 264090) und „congenital progeroid syndrome Petty type“ (MIM 612289) stellen phänotypisch verschiedene Entitäten dar mit den Hauptkriterien intrauterine Wachstumsretardierung, vermindertes subkutanes Fett und progeroider seniler fazialer Aspekt seit Geburt [4]. Sie stehen damit im Gegensatz zu anderen Syndromen mit Progerie, bei denen die Betroffenen bei Geburt ganz unauffällig sind und progeroide Zeichen erst nach der Geburt ausbilden. Wir stellen hier zwei von uns bereits publizierte Fälle mit einem neuen progeroiden Syndrom vor, dem progeroiden Marfan-Syndrom [2, 3]. Es folgt eine Beschreibung der beiden eigenen Patienten mit Mutationen im Fibrillin-1-Gen.

Fall 1 Die Patientin ist das zweite Kind gesunder Eltern. Sie hatte niedrige Geburtsmaße. Das Geburtsgewicht lag mit 1780 g im Bereich von P3–P10, die Geburtslänge mit 41,5 cm im Bereich von P3, der Kopfumfang mit 32 cm im Bereich von P3–P10. Sie zeigte schon als Neugeborenes einen etwas vorgealterten Gesichtsaspekt mit scheinbar vorgewölbten Augen und generalisierter Lipodystrophie. Im Alter von 9 Monaten fiel weiterhin ein progeroides Aussehen auf. Zu dem Zeitpunkt wurde an ein Wiedemann-Rautenstrauch-Syndrom gedacht, jedoch lag kein pseudohydrozephaler Aspekt vor. Mit 4 Jahren wurde ein ka-

chektisches Aussehen mit deutlich vorgealtertem Aspekt bemerkt (. Abb. 1a–c). Im 6. Lebensjahr wurde eine hohe Myopie von −11 Dioptrien beidseits diagnostiziert. Mit 10 Jahren fiel ein marfanoider Aspekt (ohne Überwiegen der Unterlänge) auf, im Alter von 12 Jahren wirkten die Finger und Zehen auffällig lang. Mit 13 Jahren traten Linsenluxationen beidseits auf, mit 17 Jahren imponierte weiterhin ein deutlich vorgealterter Gesichtsaspekt (. Abb. 1h). Mit 24 Jahren erfolgte bei erheblich vermindertem bukkalem Fettgewebe (. Abb. 1i, j) eine 2-malige Wangenfetteinspritzung und eine operative Nasenseptumbegradigung. Wir sahen die Patientin mit 25 Jahren bei ausgeprägter Dystrophie (trotz hochkalorischer Ernährung; . Abb. 1k–m) mit folgenden Körpermaßen: Körperlänge (KL) 170 cm (P10), Körpergewicht (KG) 39 kg (T).

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Medizinische Genetik 4 · 2012

Fibrillin-1-Mutationsanalyse Patientin 1 Wir identifizierten eine Deletion von 2 Basenpaaren c.8155_8156delAA im letzten kodierenden Exon des Fibrillin-Gens, die zu einer Leserasterverschiebung ab Kodon 2719 und zu einem vorzeitigen Stoppkodon 16 Aminosäuren nach dieser Position führt (p.Lys2719AspfsX18) (. Abb. 3b). Dies führt sehr wahrscheinlich zu einem trunkierten Protein. Durch eine MLPA-Untersuchung („multiplex ligation-dependent probe amplification“) konnte eine Veränderung der Kopienzahl im Bereich des Fibrillin-1-Gens ausgeschlossen werden. Die Veränderung