Gesundheitsversorgung: Interkulturell kompetent
- PDF / 251,956 Bytes
- 4 Pages / 595.276 x 790.866 pts Page_size
- 98 Downloads / 161 Views
Gesundheitsversorgung: Interkulturell kompetent Das Berliner Modell-Projekt IPIKA Aufgrund von globaler Migration und Flucht ist unsere Gesellschaft von einer wachsenden soziokulturellen, ethnischen und religiösen Vielfalt geprägt, die sich auch bei den Patienten und deren An- und Zugehörigen im Gesundheitswesen spiegelt. Dies stellt das Klinikpersonal vor immer neue Herausforderungen – hier ist nicht nur eine hohe interkulturelle und kommunikative Kompetenz gefragt, sondern auch Wissen über die Zusammenhänge zwischen Migration, Flucht und Gesundheit. Ute Siebert, Baharan Naghavi, Wibke Hollweg, Judith Heepe, Theda Borde, Jalid Sehouli
ZUSAMMENFASSUNG Verschiedene Studien belegen wiederholt, dass es bei der Gesundheitsversorgung von Immigranten in Deutschland im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationsgeschichte deutlich häufiger zu Fehldiagnosen, Fehlversorgung, Chronifizierungen und inadäquater Patientenaufklärung kommt. Verschiedene Gründe dafür werden diskutiert. Hierbei kommt ungelösten Sprachbarrieren, soziokulturellen Missverständnissen, unzureichendem Wissen über die Zusammenhänge zwischen Migration, Flucht und (seelischer) Gesundheit sowie mangelhafter interprofessioneller und interdisziplinärer Zusammenarbeit eine besondere Rolle zu. Systematische Fort- und Weiterbildungen mit dem Fokus auf interkulturelle und interprofessionelle Kompetenzen, wie sie das Projekt IPIKA an der Charité – Universitätsmedizin anbietet, tragen dazu bei, die Gesundheitsversorgung besser auf die Anforderungen der gesellschaftlichen Vielfalt einzustellen. Schlüsselwörter: Migration, Flucht, interkulturelle Kompetenz, Gesundheitsversorgung, Diversity, Interprofessionalität
N
ach aktueller Datenlage haben 20,8 Mio. Menschen in Deutschland (25,5% der Gesamtbevölkerung) eine eigene oder familiäre Migrationsgeschichte (BPB 2019). In deutschen Großstädten ist der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund oft noch höher – in Berlin etwa handelt es sich um 34,5% der Einwohner, mit steigender Tendenz (Amt für Statistik Berlin-
20
Brandenburg 2019). Doch die in der Statistik zusammengefassten Menschen mit Migrationshintergrund bilden eine sehr heterogene Gruppe bezüglich nationaler und ethnischer Herkünfte, Migrations- und Fluchtgründe, aber auch in Bezug auf die Einwanderungsgeneration, Alter, Bildung, sozioökonomische Situation, Aufenthaltsdauer und aufenthaltsrechtlichen Status. Verschiedene Studien zeigen, dass es in der Gesundheitsversorgung durch Kommunikationshürden, soziokulturelle Missverständnisse und unzureichendes Wissen des Klinikpersonals über die Zusammenhänge zwischen Migration, Flucht und (seelischer) Gesundheit zu deutlich mehr Fehldiagnosen, Fehlversorgung, Chronifizierungen und mangelhafter Patientenaufklärung kommt (Bermejo et al. 2012; Borde 2018; Frank et al. 2017; Razum & Brzoska 2016; Razum et al. 2008). Auch scheint Menschen mit Migrationshintergrund der Zugang zu innovativen Therapien im Rahmen von klinischen Studien häufiger verwehrt zu sein (Dimitrova et al. 2016). Mangelnde interprofessionelle und
Data Loading...