Gute Diabetestherapie kann auch aus dunklen Tunneln helfen
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Tumor, Diabetes, Depression
Gute Diabetestherapie kann auch aus dunklen Tunneln helfen Ein Patient war ehemals starker Raucher und hat regelmäßig größere Mengen Alkohol getrunken. Als bei ihm ein Speiseröhrenkarzinom festgestellt wird, lehnt er eine Operation ab und wird mit Strahlen- und Chemotherapie behandelt. Zudem wird die Diagnose „Diabetes Typ 2“ gestellt. Eine komplizierte Gemengelage, zu der sich dann auch noch eine Depression gesellt… Die Erstvorstellung in unserer Praxis erfolgt Anfang 2018. Der HbA1c-Wert liegt bei Therapie mit Sitagliptin 50 mg bei 7,1 %, der Blutdruck ist im Normbereich, der Body-Mass-Index bei 25. Laborchemisch findet sich ein C-Peptid von 2,07 und der Antikörperstatus ist negativ. Mit Ausnahme einer Leukopenie (3.400) ist das übrige Routinelabor unauffällig. Der Patient berichtet, dass er wegen des Diabetes bereits eine Ernährungsumstellung gemacht habe. Auch treibe er täglich Sport, denn vor dem Diabetes habe er „mehr Angst als vor dem Krebs“. Bei den vierteljährlichen Kontrollen liegt das HbA1c zwei Jahre lang unter 7 %. Im April 2020 wird ein Rezidiv des Plattenepithelkarzinons mit Lymphknotenbefall festgestellt, daraufhin erfolgt erneut eine Strahlen-und Chemotherapie. Wegen der vielen stationären Termine hatte der Patient keine BlutzuckerSelbstkontrolle mehr vorgenommen – sein HbA1c liegt im Mai 2020 bei 8,1 %. Ich bitte ihn, zwei Blutzucker(BZ-)tagesprofile zu erstellen. Hier zeigen sich BZ-Werte zwischen 200 und 450 mg/dl, die man so hoch bei einem HbA1c von 8,1 % nicht vermutet hätte. Bei der Besprechung der Werte sagt er: „Ist doch egal, das macht doch jetzt eh alles keinen Sinn mehr“. Jeder von uns kann seine Äußerung gut nachvollziehen. Er ist durch das Tumorgeschehen und die damit verbundene Thera-
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In|Fo|Diabetologie 2020; 14 (5)
pie sowohl körperlich als auch psychisch an einer Grenze angelangt. Man kann nur allzu gut verstehen, dass er keine weitere „Baustelle“ bearbeiten möchte. Zur genaueren Erfassung seiner psychischen Verfassung bitten wir ihn, zusätzlich den WHO5-Fragebogen auszufüllen, der im Diabetes-Pass enthalten ist (https://www.diabetesde.org/system/files/documents/gesundheitspass_diabetes_2017.pdf). Der Score von 9 spiegelt eindeutig seine depressive Verfassung wieder. Im Gespräch mit dem Patenten kommt es nun darauf an, ihm zu erklären, welche Auswirkungen die hohen Blutzuckerwerte auf sein Befinden haben. Bislang hat er die bestehenden Symptome (Müdigkeit, Schwäche, Kraftlosigkeit, Depressivität) allein dem Tumorgeschehen zugeschrieben. Wenn er versteht, dass die Ursache für all diese Symptome auch in den hohen Blutzuckerwerten liegt und eine Verbesserung seines Allgemeinbefindens über bessere Blutzuckerwerte und unabhängig von dem Tumorgeschehen möglich ist, so erhält er eine neue Perspektive. Ich schlage ihm vor, es zunächst mit einer täglichen Gabe eines Basalinsulins zu versuchen. Nach dem Motto: „Lassen Sie uns sehen, wie es Ihnen in 4 Wochen damit geht.“ Beginnend mit 10 Einheiten Degludec sind nach schrittweiser Titrierung bereits nach 2 Woche
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