Wird die deutsche Medizin monothematisch?

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REPORT


„Und wenn die öffentliche Debatte die Schwerstkranken, die wir jeden Tag betreuen, vollkommen vergisst, müsste doch ­wenigstens die Wissenschaft unsere Patientengruppe im Fokus haben, oder nicht?“ Dr. med. Dipl. Lic. Psych. Johannes Horlemann Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V., Facharzt für innere Medizin und Allgemeinmedizin, spezielle Schmerztherapie, Kevelaer; Leiter des Regionalen Schmerzzentrums DGS, Kevelaer

Wird die deutsche Medizin monothematisch?

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ielleicht geht es Ihnen so wie mir: Außer der Corona-Pandemie gibt es offensichtlich kein relevantes medizinisches Thema mehr. Weder in der Öffentlichkeit noch im innerkollegialen Austausch. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) fordert gar einen neuen Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie. Es gebe in Deutschland zwar anerkannte Virologen, jedoch brauche es weitere Spezialisten in der konkreten Patientenbetreuung und im Behandlungsalltag, ­ ebenso in der Pflege. Auch gehe es um die Frage, wie medizinisches und pflegerisches Personal mit der eigenen Angst vor der Infektion umgehe. Wenn die Facharztweiterbildung in Infektiologie nicht installiert werde, hätten junge Kollegen in Deutschland schlechte Karrierechancen und wanderten ins Ausland ab, vorzugsweise in die Schweiz und die USA. Die Infektiologie brauche berufliche Perspektiven.

Der direkte Arzt-Patienten-Kontakt ist unersetzbar Angesichts dieser Nachricht muss sich doch jeder Schmerzmediziner die Augen reiben: Wo bleibt eigentlich die Versorgung der Patienten mit chronischen Schmerzen, die schon in noch stabilen Zeiten in Deutschland schlecht versorgt waren und unter den Bedingungen der Pandemie noch weniger? Was ist mit den mehreren Millionen Menschen, die nun über Videosprechstunden und Telefonate mitversorgt werden müssen, was manchmal nur mehr schlecht als recht geht. Denn eines ist sicher: Der Präsenzkontakt mit dem Arzt ist auf Dauer nicht ersetzbar.

durch Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen auf hohem Niveau beklagt. Dass Urlaub nur außerhalb von Risikogebieten beziehungsweise vorzugsweise in Deutschland gemacht werden kann, wird von vielen Mitbürgern als Zumutung beschrieben. Da könnte mir schon der Kragen platzen: Wo bleiben die vielen Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung und im medizinischen Diskurs, die in zunehmender Isolierung spüren müssen, dass Lebensqualität und Alltagsgestaltung nur auf Sparflamme brennen?

Schmerzmedizinische Versorgung sinnvoll organisieren Und wenn die öffentliche Debatte die Schwerstkranken, die wir jeden Tag betreuen, vollkommen vergisst, müsste doch wenigstens die Wissenschaft unsere Patientengruppe im Fokus haben, oder nicht? Nichts dergleichen! Was unsere internistischen Fachkollegen nun diskutieren, erlebt die Schmerzmedizin seit Jahren: Obwohl durch ein Gutachten der Bundesregierung wissenschaftlich bewiesen, dass schmerzmedizinische Versorgung abgestuft und spezialistisch sinnvoll organisiert werden sollte, geschieht nichts. Der Mensch denkt: Gott lenkt. Mit Kopfschütteln, Ihr Johannes Horlemann

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