Regieren und Ironie
Die Kombination von Regieren und Ironie mag zu Assoziationen anregen: Königliche Herrschaft hat Hofnarren engagiert, um durch die ‚verquere‘ und absurde Betrachtung eine zusätzliche Reflexionsebene in die Regierungstätigkeit einzubeziehen. Karneval legt e
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Die Kombination von Regieren und Ironie mag zu Assoziationen anregen: Königliche Herrschaft hat Hofnarren engagiert, um durch die ‚verquere‘ und absurde Betrachtung eine zusätzliche Reflexionsebene in die Regierungstätigkeit einzubeziehen. Karneval legt es auf die Verspottung der Regierenden an. Öffentlich-rechtliches Kabarett nimmt Regierungstätigkeit aufs Korn. Comedians verspotten die Bemühungen des unternehmerischen Selbst unter Hartz 4-Vermittlungsdruck in wirtschaftsschwachen Regionen. Im Folgenden möchte ich über erste Assoziationen hinaus eine systematische Überlegung in drei Schritten vorstellen: Die Tätigkeit des Regierens wird als immanent widersprüchliche und enttäuschende dargestellt. Ironie wird nachfolgend zunächst als Beschreibung widersinniger Folgen des Regierens, aber auch – im Einklang mit den Überlegungen von B. Jessop und H. Willke – als notwendige Haltung politischer Subjekte vorgestellt, um das immanente Scheitern des Regierens (auch des partizipativen) auszuhalten. Dieser Argumentationsschritt beinhaltet zudem die Darstellung der wichtigen Rolle von Ambiguitätstoleranz. Daran anschließend werde ich eine gerechtigkeitstheoretische Fokussierung vornehmen. Ironie weist bislang einen erkennbaren elitären Bias auf und ist sozial selektiv. Deshalb ist eine entsprechende Haltung der Selbst-Distanzierung von Steuerung, Governance und Engagement durch gerechtigkeitsorientiertes Regieren zu befördern. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Reflexivität der sozialen Handlung: Aus der dem Regieren immanenten Enttäuschung leitet sich normativ ab, dass alle politischen Subjekte geltend machen können, dass jene notwendigen Fähigkeiten unterstützt werden, diese auszuhalten. Allerdings werden damit primäre Rechte, die aus dem Anspruch auf die ernsthafte politische Bearbeitung gesellschaftlicher Ungleichheiten ergeben, nicht abgelöst. Diese bleiben weiterhin Maßstäbe guten Regierens.
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Regieren und Scheitern
Regieren lässt sich als soziales Handeln verstehen, durch das auf die gesellschaftliche Ordnung, die Ressourcenallokation und normativen Grundlagen zweckgerichtet eingewirkt wird. Auf Grundlage bestimmter allgemeiner Werte und spezifischer Präferenzen werden strategisch Steuerungstechniken genutzt, Interaktionen prozedural reguliert, (Finanz-)Mittel verteilt und mediale Kommunikation eingesetzt. Ähnlich der Weberschen Machtdefinition geht es um Durchsetzung, die jedoch nicht auf eine bestimmte Form
B. Egner et al. (Hrsg.), Regieren, DOI 10.1007/978-3-531-19793-7_8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
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Detlef Sack
zu reduzieren ist. Regieren ist vielgestaltig und verfügt über vielfältige Modi der strategischen Durchsetzung. Hierarchie bzw. Zwang ist lediglich eine Regierungsweise; bei Weitem nicht die alleinige und es ist mehr als strittig, ob es die wesentliche ist. Der mittlerweile etwas erschöpfte Konjunkturzyklus der Diskussion um neue Arten der Steuerung, der mit dem Chiffre ‚Governance‘ verbunden ist, neigt sich seinem Ende zu: Die Differenz zwischen Ste
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