Soziale Probleme, diskursive Praxis und das Problem mit der Kriminologie

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Soziale Probleme, diskursive Praxis und das Problem mit der Kriminologie Birgit Menzel · Jan Wehrheim

Eingegangen: 31. Mai 2020 / Angenommen: 21. September 2020 © Der/die Autor(en) 2020

Zusammenfassung Der Aufsatz befasst sich mit Gemeinsamkeiten zwischen der Soziologie sozialer Probleme und der Kriminologie, insbesondere mit der Kontroverse um ätiologische und konstruktivistische Perspektiven auf soziale Probleme und abweichendes Verhalten. Am Beispiel aktueller Debatten über sexualisierte Gewalt werden die Defizite ätiologischer Analysen aufgezeigt. Der Beitrag kommt zu dem Schluss, dass die Soziologie sozialer Probleme ebenso wie die Kriminologie in einer Soziologie sozialer Problematisierungen und sozialer Kontrolle aufgeht.

Social Problems, Discursive Practice, and the Problem with Criminology Abstract The article focuses on similarities between sociology of social problems and criminology in general, on the controversy around etiological and constructivist perspectives on social problems and deviance in particular. Current debates on sexual violence show the deficiencies of etiological analyses. The paper concludes that sociology of social problems as well as criminology are dissolved in a sociology of social problematization and social control.

B. Menzel () Fakultät Wirtschaft und Soziales, Department Public Management, HAW Hamburg, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg, Deutschland E-Mail: [email protected] J. Wehrheim Institut für Soziale Arbeit und Sozialpolitik, Universität Duisburg-Essen, Universitätsstraße 2, 45141 Essen, Deutschland E-Mail: [email protected]

K

B. Menzel, J. Wehrheim

Die Geschichte der Soziologie sozialer Probleme war und ist von der wissenschaftstheoretischen Kontroverse um konkurrierende Ansätze zum Verstehen und Erklären „sozialer Probleme“ gekennzeichnet. Auch diese Zeitschrift war von Beginn an durch sie geprägt, wie der (jenseits des Editorials) allererste Aufsatz, der vor 30 Jahren in dieser Zeitschrift erschien, zeigt: Günter Albrechts „Theorie sozialer Probleme im Widerstreit zwischen ,objektivistischen‘ und ,rekonstruktivistischen‘ Ansätzen“ (1990). Die Fortsetzung der Debatte zieht sich durch die Geschichte der Zeitschrift: 2001 erschien ein von Axel Groenemeyer herausgegebenes Heft mit dem Titel „Soziale Probleme – konstruktivistische Kontroversen und gesellschaftliche Herausforderungen“, 2006 aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums der Sektion eines unter der Fragestellung „Die Soziologie sozialer Probleme in der Krise?“ (mit einer Fortsetzung in 2007), von vielen Einzelbeiträgen, die nicht in thematisch fokussierten Heften erschienen, einmal ganz abgesehen. Damals wie heute geht es im Kern darum, welche Fragen mit den als objektivistisch oder auch strukturfunktionalistisch bezeichneten Ansätzen im Anschluss vor allem an Robert K. Merton und den als interaktionistisch, konstruktivistisch, konstruktionistisch oder auch als rekonstruktionistisch benannten Zugängen im Anschluss unter anderem an Herbert Blumer beantwortet werden können. Außerdem dreht(e) sich di