Wie nachhaltig sind die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung finanziert?
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Analysen und Berichte Sozialversicherung
Friedrich Breyer, Normann Lorenz
Wie nachhaltig sind die gesetzliche Krankenund Pflegeversicherung finanziert? Sollten die Ausgaben der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung langfristig stark steigen, werden sowohl die jüngere Generation durch höhere Beiträge als auch die Älteren durch mögliche Leistungseinschränkungen belastet. Auf Grundlage einer neueren nichtparametrischen Schätzung wird eine Simulation der zukünftigen Entwicklung der Beitragssätze in den beiden Zweigen der deutschen Sozialversicherung vorgestellt. Abhängig von verschiedenen Annahmen über das künftige Wachstum des BIP pro Arbeitnehmer ergibt sich dabei ein Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz bis 2040 von nahe 50 %. Damit ist die Tragfähigkeit des deutschen Sozialversicherungssystems stark gefährdet.
Auf die Beitragszahler in der deutschen Sozialversicherung kommen durch den demografischen Wandel in den nächsten Jahrzehnten erhebliche Belastungen zu. Auch wenn die von der Bundesregierung eingesetzte Rentenkommission davor mehrheitlich die Augen verschlossen hat, steht ein dramatischer Anstieg des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung bevor. Die in letzter Zeit regelmäßig aktualisierten Hochrechnungen von Martin Werding (Werding, 2018; Werding, 2019; Werding und Läpple, 2019) zeigen, dass bei Fortschreibung der „Haltelinie“ für das Rentenniveau bei 48 % des Bruttolohns bereits 2040 dieser Beitragssatz die 25 %-Marke überschreiten würde, wenn die heute geltenden Regelungen bezüglich Regelaltersgrenze, Bundeszuschuss etc. ansonsten fortgeschrieben werden. Bezüglich der sonstigen Zweige der Sozialversicherung errechnet Werding in seinen Simulationen ebenfalls erhebliche Anstiege: So wird der Gesamtbeitragssatz zu den vier Sozialversicherungen gesetzliche Rentenversicherung (GRV), gesetzliche Krankenversicherung (GKV), soziale Pflegeversicherung (SPV) und Arbeitslosenversicherung (ALV) gemäß der Referenzvariante 2040 schon 48,8 % betragen, also knapp 9 Prozentpunkte mehr als heute. In der öffentlichen Diskussion spielen die Beitragssätze zur Kranken- und Pflegeversicherung allerdings kaum eine Rolle, obwohl auch in diesen ein erhebliches Steigerungspotenzial schlummert. Bei der Krankenversicherung wurden vor allem zwei Faktoren identifiziert, die zu einem Anstieg der Pro-Kopf-Ausgaben beitragen können: zum
© Der/die Autor(en) 2020. Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (https:// creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht.
einen die Alterung der Bevölkerung infolge steigender Lebenserwartung und geringer Geburtenzahlen und zum anderen der medizinische Fortschritt, der sich vor allem durch die Entwicklung neuer, aber teurer Behandlungsmethoden auszeichnet. Ob der Anstieg der Lebenserwartung tatsächlich die Gesundheitsausgaben erhöht, ist in der Literatur umstritten. Ein Gegenargument, das als Red-Herring-Hypothese bekannt geworden ist und auf Fuchs (1984) und Zweifel et al. (1999) zurückgeht, lautet,
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