Wisch und weg

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REPORT




Wisch und weg Liebe Leserin, lieber Leser, nein, früher war nicht alles besser. Mein erstes Auto, ein C-Kadett, hatte keine Kopfstützen an den Vordersitzen, keine Gurte für die Mitfahrer auf der Rücksitzbank, keine Airbags und kein ABS. Unfassbar, wie man so lebensmüde sein konnte, sich mit einer derartigen Zeitbombe in die Fährnisse des Straßenverkehrs zu stürzen. Dafür war die Bedienung intuitiv: Blinker, Zündschloss, Radio oder der Scheibenwischerhebel – alles hatte seinen festen Platz. Tempi passati. Der Blinker ist davon das einzige Bauteil, das in allen gängigen Fahrzeugen noch an derselben Stelle montiert ist. Immer mehr Bedienfunktionen werden von der mechanischen auf die elektronische Ebene gehoben, und dies ist nicht unbedingt immer ein Fortschritt, wie der Fahrer eines Tesla erfahren durfte. Schon ein elektronisches Gerät, das hierzulande nahezu jeder besitzt, kann bei der Verwendung ein teurer Spaß werden: Mindestens 100 Euro und ein Punkt im Fahreignungsregister des Kraftfahrtbundesamtes kostet die Benutzung eines Handys am Steuer. Um die Definition von „Benutzung“ gab es ein jahrelanges Hickhack mit sich teilweise widersprechenden Urteilen. Heute ist klar: Man sollte bei laufender Maschine komplett die Finger vom Handy lassen, denn selbst in einer Halterung und für die Navigation darf es zum Beispiel nicht benutzt werden. In § 23 der Straßenver­ kehrsordnung heißt es nämlich: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient, (…) nur benutzen, wenn zur Bedienung (…) nur eine kurze (…) Blickzuwendung zum Gerät (…) erforderlich ist.“

kam von der Straße ab und knallte gegen einen Baum. Was den Vorgang so bemerkenswert macht: Es handelte sich um ein werksseitig fest eingebautes Gerät. Bei dem Elektrofahrzeug muss man nämlich das Intervall des Scheibenwischers mittels Wischen über den Touchscreen in einem Untermenü anwählen. Dies erachteten die Richter des OLG Karlsruhe als unzulässige Ablenkung und verurteilten den Fahrer zu 200 Euro Strafe plus einem Monat Fahrverbot. In vielen Entwicklungsabteilungen für HMI-Systeme der OEMs und Zulie­ ferer dürfte nach diesem revolutionären Entscheid derzeit außergewöhnliche Betriebsamkeit herrschen. Möglicherweise werden dort im Augenblick bereits fertige technische Neuerungen radikal verändert oder gar gestoppt. Denn was heißt dieses Urteil im Klartext? Es heißt nichts anderes, als dass die Automobilhersteller möglicherweise Fahrzeuge ­verkaufen, bei deren Benutzung man sich bauartbedingt unweigerlich strafbar machen muss. Manches war früher doch besser – der Scheibenwischerhebel zum Beispiel.

Frank Jung Redakteur

FERCHAU GmbH Zentrale [email protected]

Und hier wären wir wieder bei unserem Tesla-Fahrer. Der benutzte im vergangenen Jahr ein „elektronisches Gerät“ während der Fahrt, war dadurch abgelenkt, ATZ 10|2020   122. Jahrgang

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