Auf dem Weg zum digitalen homo vitruvianus? Medizinisches Selftracking und digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zwisch

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REPORT


Auf dem Weg zum digitalen homo vitruvianus? Medizinisches Selftracking und digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zwischen Empowerment und Kontrollverlust Florian Funer

Eingegangen: 21. September 2020 / Angenommen: 30. Oktober 2020 © Der/die Autor(en) 2020

Zusammenfassung Zunehmend gewinnen Health Apps an Bedeutung für eine präventive und eigenverantwortliche Ausrichtung des Gesundheitssystems. Die meisten dieser digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) basieren derzeit auf sog. Selftracking-Technologien, mit deren Hilfe physiologische und psychische Daten sensorgestützt aufgezeichnet und diese zumeist um personalisierte Alltagsinformationen ergänzt werden. Die digitalen Entwicklungen dieser Art lösten in den letzten Jahren eine intensive und deutlich polarisierte Debatte über die Chancen und Gefahren von gesundheitlichem Selftracking aus. Ziel dieser Arbeit ist es, nach einem kurzen Überblick über das Feld des medizinischen Selftracking den polarisierten Diskurs zunächst anhand seiner entscheidenden individuellen und gesellschaftlichen Potenziale zu systematisieren und zu prüfen. Es stellt sich heraus, dass Selbstvermessungstechniken keineswegs ein neues Phänomen, sondern vielmehr seit langem fester Bestandteil medizinischen Wirkens in Diagnostik und Therapie sind. Als für die Implementierung von Health Apps in die medizinische Regelversorgung besonders bedeutend wird das Spannungsfeld zwischen individuellem Empowerment und potentiellem Kontrollverlust der Nutzenden herausgestellt. Abschließend werden mögliche Implikationen für die aktuelle Ausgestaltung des neuen Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) aufgezeigt und auf einige bestehende „blinde Flecken“ hingewiesen. Schlüsselwörter Medizinisches Selftracking · Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) · Empowerment · Selbst- und Fremdbestimmung · Digitale-VersorgungGesetz (DVG) Die vorliegende Arbeit wurde mit dem Nachwuchspreis 2020 der Akademie für Ethik in der Medizin e. V. ausgezeichnet. Dr. med. F. Funer, Mag. theol., M.A. () Lehrstuhl für Moraltheologie/Theologische Ethik, Katholisch-Theologische Fakultät, Eberhard-Karls-Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland E-Mail: [email protected]

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F. Funer

On the way to the digital homo vitruvianus? Medical self-tracking and digital health applications (DiGA) between empowerment and loss of control Abstract Definition of the problem Health Apps are becoming increasingly important for a preventive and responsible orientation of the health system. Currently, most of these digital health applications (DiGA) are based on so-called self-tracking technologies which record physiological and psychological data via sensors, usually combined with personalized everyday information. In the last few years, these digital developments have launched an intense and clearly polarized debate about the opportunities and dangers of self-tracking in healthcare. Arguments After a brief overview of medical self-tracking, this essay wants to systematize and check the polarized discourse on the basis of its decisive individua