Der Tod im Recht

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Tod im Recht Rechtstheoretische und rechtsbereichsübergreifende Überlegungen einschließlich ihrer Bedeutung für die Regelung der Organspende

A. Katarina Weilert* A. Einleitung „Der Tod als die Gränze der natürlichen Rechtsfähigkeit ist ein so einfaches Naturereignis, daß derselbe nicht, wie die Geburt, eine genauere Feststellung seiner Elemente nöthig macht 1.“ Diese viel zitierten Worte Friedrich Carl v. Savignys spiegeln die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschende Auffassung wider, die auch ein halbes Jahrhundert später bei der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches allgegenwärtig war. Man regelte in § 1 BGB den Beginn der Rechtsfähigkeit „mit der Vollendung der Geburt“ und hielt es nicht für nötig, auch deren Ende normativ festzulegen 2, geschweige denn, den Tod zu definieren 3. Dieses teils bis heute vorfindliche Verständnis 4 ist spätestens seit den medizinischen Möglichkeiten der Intensivmedizin und der Organtransplantation in massive Erklärungsnöte geraten. Der Herz-Kreislauf-Stillstand mündet nicht mehr notwendigerweise in den Tod. Der Hirntote kann durch Apparatemedizin ein pulsierendes Herz haben und unterscheidet sich äußerlich nicht von einem Komapatienten 5. Daher soll im Folgenden die These näher entfaltet werden, nach der die Festlegung des Todes und seiner Kriterien eine mit kulturhistorischen Wertungen verbundene Bestimmung ist, auf deren Basis die relationalen Beziehungen, die mit dem Tod des Menschen einhergehen, zu regeln sind. Die Herausforderung zwischen einem gesellschaftlich kontroversen Todesverständnis und der Regelungsnotwendigkeit der jeweiligen Sachbereiche soll unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Organspende verdeutlicht werden. B. Funktion des Rechts Wenn gefragt wird, wie das Recht den Tod zu definieren hat, muss zunächst die Funktion des Rechts in Erinnerung gerufen werden. Was kann das Recht leisten, was ist seine spezifische Bestimmung im Rahmen einer freiheitlichdemokratischen Grundordnung und wo sind Grenzen des Rechts erreicht? Zuvörderst steht die ordnende Funktion des Rechts vor Augen. Das Recht bildet den Rahmen, in dem sich die Gesellschaft und die in ihr lebenden Menschen entwickeln können. Nur innerhalb eines Überbaus verlässlicher Rechtsregeln kann sich gesellschaftliches und individuelles Leben in einer Weise entfalten, die zugleich freiheitssichernd und sozialverträglich ist. Das Phänomen des Todes wirft vielfältige rechtliche Fragen auf, die eben jener Ordnung durch das Recht bedürfen, sei es im Bereich des Erbrechts, sei es bei Fragen des strafrechtlich und verfassungsrechtlich abgesicherten Lebensschutzes. Das Recht kann allerdings lediglich einen Todesbegriff oder Todesbegriffe als Bezugspunkt für bestimmte Rechtsfolgen normieren. Der Tod in seiner metaphysischen Dimension bleibt dagegen der Bestimmung und damit der Regelung durch das Recht entzogen. Dr. iur. Katarina Weilert, LL.M. (London), Wiss. Referentin an der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST), Interdisziplinäres Forschungsinstitut, Universität Heidelberg