Drei Pioniere der Molekulargenetik in Deutschland

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REPORT


Wissenschaftsgeschichte

Drei Pioniere der Molekulargenetik in Deutschland JOSEPH W. LENGELER UNIVERSITÄT OSNABRÜCK

DOI: 10.1007/s12268-020-1471-6 © Springer-Verlag GmbH 2020

ó Drei erfolgreiche Pioniere der Molekulargenetik in Deutschland – Benno Müller-Hill (1933–2018), Peter Starlinger (1931–2017) und Hans Georg Zachau (1930–2017) – waren während der Gründungszeit (1958– 1967) Professoren am Institut für Genetik der Universität Köln. Das Auffälligste an dem neuartigen Institut für Genetik war, dass Physiker wie Max Delbrück und Carsten Bresch, Chemiker wie Benno Müller-Hill, Biochemiker wie Hans Georg Zachau und Mediziner wie Peter Starlinger dort lehrten und arbeiteten – aber kein klassischer Genetiker. Keiner dieser Abteilungsleiter war „ordentlicher“ Professor und keiner leitete allein das Institut, selbst nicht Max Delbrück. Doch wer ist eigentlich ein Genetiker? Müller-Hills prägnante Antwort: „Biochemiker und Biopysiker untersuchen isolierte Gene und deren Produkte aus Lebewesen im Reagenzglas; ein Genetiker untersucht die gleichen Moleküle in der lebenden Zelle!“ Alle drei – Müller-Hill, Starlinger und Zachau – hatten nach ihrer klassischen Ausbildung in Deutschland zeitweise als Postdoc in den USA auf dem modernen Gebiet der Genetik der Bakterien und Bakteriophagen gearbeitet und standen somit – ohne es zu wissen – am Beginn der heutigen Molekulargenetik. Ultrazentrifugen und Szintillationszähler galten als modernste Geräte; nur die DNA-Doppelhelix, aber weder der genetische Code noch der Unterschied zwischen Transkription und Translation waren bekannt. Auf der noch „linearen“ Genkarte von Escherichia coli waren weniger als 50 Genorte kartiert, und die meisten realistischen Vorstellungen und Modelle zur Regulation der Gene beruhten auf Arbeiten am lac-Operon von E. coli. Dieser Genort enthält das lacY-Gen für das Transportsystem und die Strukturgene lacZAM für die Verstoffwechslung der Lactose sowie das Gen lacR (= lacI) für den BIOspektrum | 06.20 | 26. Jahrgang

Repressor. Das 1959 von Jacob und Monod veröffentlichte Modell besagt, dass ein spezifischer Repressor, vermutlich ein Protein, an einen Zielort vor der Gengruppe eines Operons, den Operator, bindet und mithilfe eines Induktors die Expression der Gene steuert. Das Modell beruhte weitgehend auf klassischen genetischen Arbeiten. Zwar lieferten diese nur Hypothesen zur Natur und zum Wirkungsmechanismus der beteiligten Gene und Moleküle, aber sie regten die experimentelle Überprüfung dieser Hypothesen mit existierenden oder noch zu entwickelnden Methoden in weiteren Gengruppen an. Wie sich bald nach ihrer Berufung an das neue Institut in Köln zeigte, hatten auch die drei Wissenschaftler das starke Interesse der amerikanischen Forscher an der Untersuchung genetischer Fragen mithilfe biochemischer Verfahren und an der Entwicklung neuartiger molekularer Methoden übernommen. Peter Starlinger (Abb. 1) begann 1959 in Köln und wählte als Untersuchungsobjekt in Analogie zu den Studien am lac-Operon die gal-Gene von E. coli für den Transport und die Versto