Falsche Signale!

  • PDF / 81,365 Bytes
  • 1 Pages / 595.276 x 785.197 pts Page_size
  • 56 Downloads / 127 Views

DOWNLOAD

REPORT


Lieferkettengesetz

Falsche Signale! Große Teile der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften, der Kirchen und etwa 60 global agierende deutsche Unternehmen unterstützen den Entwurf zum Lieferkettengesetz der Bundesministerien für Arbeit und Soziales und für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Kinderarbeit, schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, ein undurchschaubares Netz an ausländischen Subunternehmen, die sich um Menschrechtsverletzungen nicht kümmern, sind seit langem in die Kritik geraten. Unternehmen sollen sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Die Moral scheint also auf der Seite des Gesetzentwurfs zu stehen. Dennoch wäre ein solches Gesetz ein Schritt in die falsche Richtung. Das fängt schon damit an, dass es sich um einen deutschen Alleingang handelt. Es ist ja nicht so, als gäbe es nicht schon längst multilaterale Vereinbarungen, so das Fair-Trade-Siegel oder Rugmark mit zertifizierten Sozial- und Umweltstandards zur Bekämpfung von Kinderarbeit in der Teppichherstellung oder die „codes of conduct“ für Unternehmen. Vor allem in Sektoren mit extensiver globaler Arbeitsteilung wurde in den vergangenen Jahren ein erheblicher Druck auf Kaufhausketten und Markenfirmen aufgebaut, mit ihren weltweit verstreuten Unterauftragnehmern solche Standards zu erfüllen. Tripartite Social Minimum Standards (TSMS) wurden von Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, transnationalen Unternehmen (global buyers and producers) sowie von der International Labour Organisation (ILO) und Regierungen vereinbart. Dazu gehört auch das umfassende Instrumentarium der Corporate Social Responsibility. Sicherlich sind alle diese Ziele nicht umgesetzt und es gibt noch viel zu tun, dennoch scheint ein deutscher Alleingang unpassend. Zunächst einmal wäre es sinnvoll gewesen, wenn die zuständigen Ministerien ernsthaft mit der ILO über den deutschen Vorstoß beraten hätten, um eine multilaterale Initiative, z. B. auch mit Unterstützung der EU und betroffenen Ländern, zu starten. Dass die Bundesregierung in allen Verlautbarungen betont, wie sehr sie den Multilateralismus stärken möchte, wurde hier leichtfertig außer Acht gelassen. Wichtiger noch ist aber, dass die beiden Minister diesen Vorstoß ohne Beteiligung der betroffenen Länder präsentieren. Was sagen eigentlich die Regierungen in Vietnam, Kambodscha, Bangladesch, Kolumbien oder Äthiopien dazu, dass sie den deutschen Standards © Der/die Autor(en) 2020. Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (https:// creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht. Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.

564

DOI: 10.1007/s10273-020-2706-3

nicht mehr genügen. Die deutsche Regierung hat sich nicht der Mühe unterzogen, mit diesen Ländern gemeinsame Maßnahmen zu verhandeln. Das wäre aber erforderlich, denn man kann sich ja vorstellen, dass die betroffenen Länder möglicherweise den Zielsetzungen aus Deutschland zustimmen würden und gemeinsam nach tragfähigen Lösungen suchen.