Grundrecht auf effektive Strafverfolgung nach unberechtigter Fixierung nach Reitunfall
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htsprechung
https://doi.org/10.1007/s00350-020-5647-3
Grundrecht auf effektive Strafverfolgung nach unberechtigter Fixierung nach Reitunfall GG Artt. 1 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 1, 2 Abs. 2, 3 Abs. 1, 19 Abs. 4, 103 Abs. 1, 104 Abs. 2; StGB §§ 224, 239, 339; StPO §§ 33 a, 153 Abs. 1, 172 Abs. 2 S. 3; SchlHPsychKG § 7
1. Dem Grundgesetz lässt sich ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung Dritter grundsätzlich nicht entnehmen, es sei denn, ein besonders gelagerter Ausnahmefall liegt vor. 2. Eine solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen eine/n im öffentlichen Dienst beschäftigte/n Ärztin/ Arzt und eine/ n Amtsärztin/Amtsarzt wegen Freiheitsberaubung einstellt, ohne dass ermittelt worden ist, ob und in welchem Ausmaß eine Patientin dadurch traumatisiert worden ist, dass sie nach einem Sturz vom Pferd auf der Intensivstation eines Universitätsklinikums auf die Anordnung dieser Ärztinnen/Ärzte hin nicht nur kurzfristig an fünf Punkten des Körpers fixiert worden ist. 3. Ist das nicht geklärt, kann nicht angenommen werden, dass die durch die Tat verursachten Folgen lediglich gering seien (§ 153 Abs. 1 S. 2 StPO). 4. Betreuungsrichter/innen, die ärztlich beantragte und mit ärztlichen Attesten begründete öffentlichrechtliche Unterbringungen und Fünfpunktfixierungen genehmigen, beugen nicht bereits dann vorsätzlich das Recht, wenn sie solche Atteste nicht hinreichend hinterfragen, sondern erst dann, wenn sie ihr Verhalten bewusst an eigenen Maßstäben statt an Recht und Gesetz ausrichten. (Leitsätze des/der Bearbeiters/in) BVerfG, Beschl. v. 15. 1. 2020 – 2 BvR 1763/16 (OLG Schleswig)
Problemstellung: Welchen Sturm ein Reitunfall entfesseln kann! Wegen des Verdachts auf eine Hirnblutung (im Bereich der „Stammganglien“) war eine Patientin gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen im Sommer 2012 für 24 Stunden auf der Intensivstation der Klinik für Anästhesiologie des Universitätsklinikums Kiel untergebracht, dort ans Bett gefesselt (mit einer „Fünfpunktfixierung“) und medikamentös sediert worden. Das geschah durch einen im Klinikum angestellten Arzt, einen Krankenpfleger und mindestens zwei Polizeibeamte. Ungefähr eine Stunde danach hat ein von der Polizeileitstelle informierter Amtsarzt die vorläufige Unterbringung angeordnet, das Betreuungsgericht hat sie später am gleichen Tag genehmigt. Die Grundlage bot mit § 7 SchlHPsychKG eine Norm des öffentlichen Gefahrenabwehrrechts. Nachdem die Patientin entlassen und die ärztlichen Befürchtungen ausgeblieben waren, hat die Patientin die gesamte Justiz des Landes Schleswig-Holstein in Gang gesetzt. Sie hat sich gegen die richterliche Genehmigung gewehrt und Personen, die an dem Geschehen beteiligt waren, angezeigt. Als die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hatte, hat sie dagegen Einspruch erhoben und ein Klageerzwingungsverfahren angestrengt. Bearbeitet von Prof. Dr. iur. Adrian Schmidt-Recla und wiss. Ass. Anna Pischulti, Lektur für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht, Rechtswissenschaftliche Fakultät, F
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