Kafka und die Folgen

„Ich bin Ende oder Anfang“, hat Kafka 1918 geschrieben. Wenn es eine Frage war, so ist sie entschieden, und zwar durch die Nachwelt. Kafka war ein Ende: sofern er einer Welt angehörte, die im europäischen Totalitarismus untergegangen ist, der Welt des deu

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U ND DIE FOLGEN

Dieter Lamping

Kafka und die Folgen

J. B. Metzler Verlag

Zum Autor Dieter Lamping ist Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Mainz. Veröffentlichungen zur Theorie und Geschichte der Lyrik, der jüdischen Literatur und der Weltliteratur. Zuletzt erschienen : Handbuch Lyrik (2. Auflage 2016).  

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.   ISBN 978-3-476-02653-8 ISBN 978-3-476-05544-6 (eBook)

  Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.   J. B. Metzler, Stuttgart © Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2017           Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem, säurefreiem und alterungsbeständigem Papier   Einbandgestaltung : Finken & Bumiller, Stuttgart (Foto : akg-images) Typografie und Satz : Tobias Wantzen, Bremen Druck und Bindung : Ten Brink, Meppel, Niederlande   J. B. Metzler ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer-Verlag GmbH Deutschland www.metzlerverlag.de [email protected]

Inhalt I. »Zwei Ansichten« eines Schreibers 7 II.

Die »Welt im Kopf« : Der Erzähler 19 III.

›Mein eigentlicher Wunsch‹ : Streitfragen IV. Der »magerste Mensch« : Die Person 85 V. Die »produktive Kraft« : Der Ruhm

Literatur 177 Nachwort 184

115

61

Für die Mit-Leserin

I.

Zwei Möglichkeiten : sich unendlich klein machen oder es sein. Das zweite ist Vollendung, also Untätigkeit, das erste Beginn, also Tat. (HadL, 105)

D. Lamping, Kafka und die Folgen, DOI 10.1007/978-3-476-05544-6_1, © Springer-Verlag GmbH Deutschland, 2017

7 I. »Zwei Ansichten« eines Schreibers

»Zwei Ansichten« eines Schreibers

I. »Zwei Ansichten« eines Schreibers

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[1] Im Sommer 1922 ging es Franz Kafka schlecht. Im fünften Jahr lungenkrank, war er seit dem vergangenen Herbst, mit immer neuen Attesten, vom Dienst befreit. Nachdem er noch einmal befördert worden war, beantragte er Anfang Juni die »vorzeitige Versetzung in den Ruhestand«. Am 31. wurde sie, mit Wirkung zum 1. Juli, bewilligt. Die folgenden Monate verbrachte er zur Erholung auf dem Land, zusammen mit seiner Lieblingsschwester Ottla und ihrer Familie, in Planá nad Lužnicí südlich von Prag. Eine seelische Erleichterung stellte sich aber nicht ein. Von Lärm und allerlei Ängsten geplagt, zeitweise schlaflos, erlitt Kafka einen »Zusammenbruch« (B, 431) nach dem anderen. Er fühle sich »wie ein verzweifeltes Tier in seinem Bau« (Briefe, 390), klagte er seinem Freund Max Brod, dem er ungefähr im Wochenabstand nach Prag schrieb, so auch am 30. Juli. Brod hatte sechs Tage zuvor in einem Brief eine