Kritische Stellungnahme zu einigen Empfehlungen der neuen deutschen S3-Sepsisleitlinie

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Intensivmedizin und Notfallmedizin

Kommentar Med Klin Intensivmed Notfmed 2020 · 115:505–507 https://doi.org/10.1007/s00063-020-00720-0 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

Andreas Edel · Konrad Reinhart · Stefan J. Schaller Charité – Universitätsmedizin Berlin, corporate member of Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, and Berlin Institute of Health, Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin (CVK/CCM), Berlin, Deutschland

Kritische Stellungnahme zu einigen Empfehlungen der neuen deutschen S3-Sepsisleitlinie Kommentar zu Brunkhorst FM, Weigand MA, Pletz M et al. (2020) S3-Leitlinie Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge. Med Klin Intensivmed Notfmed 115:37–109. https:// doi.org/10.1007/s00063-020-00685-0.

Die aktualisierte deutsche S3-Leitlinie „Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge“ (AWMF-Registernummer: 079-001) wurde am 12.03.2020 auf der Webseite der AWMF veröffentlicht und liegt inzwischen als Publikation vor [1]. Der Prozess der Evidenz- und Konsensfindung wurde bereits im Dezember 2018 abgeschlossen und somit stellt die aktuelle Leitlinie den Stand vom 31.12.2018 dar. Es ist sehr erfreulich, dass die seit Jahren überfällige deutsche Leitlinie nun vorliegt. Die Leitlinie ist nachvollziehbar und in weiten Teilen eng an die internationale Leitlinie der Surviving Sepsis Campaign (SSC) angelehnt [2]. Wo die Leitlinienkommission von den internationalen Leitlinien abweicht, geschah dies jedoch nicht in allen Punkten im Einklang mit der aktuellen wissenschaftlichen Evidenz. Im Hinblick auf die Empfehlungen zum Einsatz von Humanalbumin bzw. Gelatine beim septischen Schock weichen die deutschen Empfehlungen sowohl von den SSC-Leitlinien als auch von den Konsensusempfehlungen der Taskforce der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) zur Flüssigkeitstherapie ab [3]. Zu hinterfragen ist ebenfalls, warum der QuickSOFA-Score (qSOFA) zum Sepsisscree-

ning bzw. zur Früherkennung mit einem Algorithmus aufgenommen wurde, der erst beim Vorliegen von 2 der 3 Kriterien von einem ausreichenden Sepsisverdacht ausgeht [4]; auch dies steht im Widerspruch zu den SSC-Empfehlungen. Wir bitten die Autoren der Leitlinie die Evidenzlage zu den genannten Empfehlungen erneut zu überprüfen und anzupassen.

Empfehlungen zur Flüssigkeitstherapie bei Patienten im septischen Schock Die SSC-Leitlinien und die Konsensusempfehlungen der ESICM-Taskforce empfehlen für den Fall, dass sich mit Kristalloiden keine hämodynamische Stabilisierung erzielen lässt, den Einsatz von Humanalbumin und sprechen sich gegen den Einsatz von Gelatine aus [3]. Im Gegensatz dazu schlagen die S3-Leitlinien-Autoren den ergänzenden Einsatz von Gelatine oder Albumin vor. Eine Differenzierung zwischen den beiden Substanzen findet nicht statt. So entsteht der Eindruck, dass beide Medikamente in ihrem Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil gleich zu bewerten sind, was jedoch im deutlichen Widerspruch zur bestehenden Evidenzlage steht. Die SSC-Leitlinien begründen ihr