Off label use von Notfallmedikamenten im Kindesalter

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REPORT


ies, Leipzig V. Wenzel, Innsbruck

C.G. Erker · M. Möllmann Klinik für Anästhesie und operative Intensivmedizin, Bereich Kinderanästhesie,   St. Franziskus-Hospital Münster

Off label use von Notfallmedikamenten im Kindesalter Grenzen und Grauzonen   der Medikamentenzulassung

In der medizinischen Versorgung von Kindern werden dieselben Substanzen wie bei Erwachsenen eingesetzt. Obwohl die meisten Präparate trotz alterierter Pharmakodynamik und -kinetik im Kindesalter oft eine vergleichbare Wirkung entfalten können, sind z. T. gravierende Nebenwirkungen zu erwarten. Viele Medikamente sind offiziell nicht für spezielle Indikationen oder die entsprechende Altersgruppe zugelassen. Ursächlich dafür sind eine unzureichende Datenlage sowie fehlender finanzieller Anreiz der pharmazeutischen Industrie. Dennoch ist unter gewissen Umständen die Anwendung im Rahmen des „Off label use“ möglich und sinnvoll. Die damit verbundenen Probleme sind den meisten Ärzten allerdings wenig bekannt.

Hintergrund Off label use ist in der klinischen Praxis allgegenwärtig. Propofol z. B. wird vielerorts zur Sedierung auf pädiatrischen Intensivstationen eingesetzt. Vor dem Einsatz bei Kindern unter 16 Jahren wird jedoch explizit abgeraten. Propofol kann bei hochdosiertem und lang andauerndem Einsatz zum Propofolinfusionssyndrom führen [25]. Zugrunde scheint eine Störung des mitochondrialen Stoffwechsels

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Der Anaesthesist 2 · 2013

zu liegen [14]. Neben schwerwiegenden Grunderkrankungen mit hohen Katecholamin- und Kortisolspiegeln als „primer“ spielen Dauer (>48 h) und Höhe der Infusionsrate von Propofol (>5 mg/kgKG/h) eine Rolle. Kritisch kranke Patienten und Kinder (die relativ zum Gewicht höhere Dosierungen als Erwachsene benötigen) sind hiervon insbesondere betroffen. Dem Kliniker ist der Umfang dieses und anderer Fallstricke meist nicht bewusst. Eine zunehmende juristische Aufmerksamkeit verschärft die Brisanz der Thematik. Unsicherheiten führen zu Stress oder zum Unterlassen von sinnvollen oder notwendigen Medikamentengaben. Die Grundlagen und Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Verwendung von Notfallmedikamenten im Kindesalter sind Inhalt dieses Beitrags. Neben der Darstellung des juristischen und des pharmakologischen Hintergrunds werden häufig verabreichte Medikamente im Hinblick auf ihre Verwendung bei Kindernotfällen oder in der Kinderanästhesie betrachtet.

Medikamentenzulassung Medikamente benötigen eine Zulassung, um in Verkehr gebracht werden zu können. Während früher nur die Registrierung von auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln notwendig war, führte 1976 das „Gesetz zur Neuordnung des Arznei-

mittelrechts“ – u. a. motiviert durch die Tragik um den Wirkstoff Thalidomid, das als Beruhigungs- und Schlafmittel für Schwangere vermarktet wurde und u. a. fetale Fehlbildungen wie Dysmelien verursachte – eine obligate Überprüfung ein. Nach Überprüfung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit vergeben das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI; für Sera und Impfstoffe) oder die