Rechtsprechung kurz berichtet

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htsprechung kurz berichtet

https://doi.org/10.1007/s00350-020-5665-1

Carolin Wever I. Kommentierte Gerichtsentscheidungen Arzthaftungsrecht OLG Karlsruhe, Urt. v. 19. 2. 2020 – 7 U 139/16 (nicht rechtskräftig)

Schadensersatzpflicht wegen unterlassenen Hinweises auf Behinderung des Kindes Ansprüche der Eltern wegen einer unzureichenden Auf klärung über eine mögliche Behinderung des noch zu gebärenden Kindes gehören zu einem Bereich, der, wie so oft, im Medizinrecht auch viele ethische und verfassungsrechtliche Fragen aufwirft. In den 1990er Jahren führte diese rege Debatte schließlich sogar zu zwei sich widersprechenden Urteilen des ­BVerfG (vgl. Urt. des Zweiten Senats v. 28. 5. 1993 – 2 BvF 2/90, 4, 5/92 – und Beschl. des Ersten Senats v. 12. 11. 1997 – 1 BvR 479/92, 307/94). Inzwischen hat sich die Rechtsprechung dahingehend gefestigt, dass nicht das Kind als solches als Schaden angesehen wird, sondern die Verpflichtung zur Unterhaltszahlung (vgl. BGH, MedR 1994, 441). Schon vor dieser besonderen Historie ist es nicht verwunderlich, dass auch heute noch Examenskandidaten die „Kind als Schaden“Problematik lernen. Das OLG Karlsruhe musste sich nunmehr erneut mit einer Klage aus diesem Themenkomplex beschäftigen. Die Eltern eines Kindes mit Balkenagenesie machten Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit der Besprechung eines MRT-Befundes und ihrer daraus folgenden Entscheidung, die Schwangerschaft mit ihrer Tochter trotz der Balkenagenesie nicht abzubrechen, geltend. Nachdem das erstinstanzlich damit befasste LG Mannheim die Klage abwies, erkannte nunmehr das OLG Karlsruhe die geltend gemachten Ansprüche zu. Die beklagten Ärzte haben ihre Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verletzt, weil sie den Klägern nicht in realistischer Weise auf das Risiko hingewiesen haben, dass die Tochter wegen der im MRT-Befund erkennbaren Auff älligkeiten behindert zur Welt kommen könne. Die bildgebende Diagnostik habe für die Kläger das alleinige Ziel gehabt, mögliche Auff älligkeiten beim Kind frühzeitig zu erkennen, um auf sie eigenverantwortlich reagieren zu können. Nach sachverständiger Beratung kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die behandelnden Ärzte die Eltern darüber hätten auf klären müssen, dass die Befunde auf eine Balkenagenesie hindeuten und dass eine solche auch ohne weitere Begleiterkrankungen in 12 % der Fälle zu einer schweren Behinderung führe. Eine entsprechende Auf klärung sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfolgt, sodass die behandelnden Ärzte behandlungsfehlerhaft handelten. Dies habe dazu geführt, dass die Klägerin die Schwangerschaft nicht abgebrochen habe. Die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin seien angesichts der erkennbaren Sorge um die Geburt eines behinderten Kindes und einer vorherigen Abtreibung glaubhaft. Mit einer intensiven Prüfung stellt das Gericht sodann weiter fest, dass die Voraussetzungen für den Abbruch einer Schwangerschaft vorgelegen hätten und bejahte so auch die Kausalität. Bearbeitet von Rechtsanwältin Dr. iur. Carolin Wever, Kanzlei Bergmann und Partner, Josef-S