Soziologie in Brasilien
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Soziologie in Brasilien Franz Höllinger · Diogo Valença de Azevedo Costa
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
Cordeiro, Veridiana Domingos, und Hugo Neri: Sociology in Brazil. A Brief Institutional and Intellectual History. London: Palgrave Macmillan 2019. 70 Seiten. ISBN 978-3-030-10439-9. Preis: C 59,99.
Die brasilianische Soziologie ist in Europa und im angloamerikanischen Raum weitgehend unbekannt. Nur wenige Werke, wie etwa Gilberto Freyres „Herrenhaus und Sklavenhütte“ oder Fernando H. Cardosos „Abhängigkeit und Unterentwicklung in Lateinamerika“, liegen in deutscher Übersetzung vor. Wer die Gelegenheit hat, sich näher mit Brasilien zu beschäftigen, stellt jedoch fest, dass es in diesem Land eine reichhaltige und zum Teil hervorragende soziologische Tradition gibt. Das vorliegende Buch bietet Leserinnen und Lesern, die nicht portugiesisch sprechen, die Möglichkeit, sich einen Überblick über wichtige Themen, Autoren und Autorinnen sowie die institutionelle Einbettung der Soziologie in Brasilien zu verschaffen. Zwei charakteristische Merkmale der brasilianischen Soziologie werden bereits in der Einleitung (Kapitel 1) skizziert: Trotz der starken Beeinflussung durch französische und US-amerikanische Vorbilder hätte die Soziologie in Brasilien doch eigenständige Richtungen eingeschlagen und spezifisch brasilianische Züge entwickelt. Ein Merkmal sei die enge Verbindung und der intensive Dialog zwischen Soziologie, Anthropologie und Politikwissenschaft, was sich auf der institutionelF. Höllinger () Institut für Soziologie, Karl-Franzens-Universität Graz Universitätsstraße 15, G4, Graz, Österreich E-Mail: [email protected] D. V. de Azevedo Costa Centro de Artes, Humanidades e Letras, Universidade Federal do Recôncavo da Bahia (CAHL/UFRB) Cruz das Almas, Bahia, Brasilien E-Mail: [email protected]
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F. Höllinger, D. V. de Azevedo Costa
len Ebene darin zeige, dass diese drei Disziplinen in Bachelorstudiengängen fast immer gemeinsam als Studium der „Sozialwissenschaften“ angeboten werden. Ein zweites Merkmal bestehe darin, dass sich brasilianische Soziologen weniger als in anderen Ländern mit allgemeinen theoretischen Fragen oder universellen soziologischen Themen beschäftigen; im Mittelpunkt des soziologischen Forschens stehe vielmehr die „engagierte und unermüdliche“ Analyse und Interpretation der eigenen Gesellschaft. Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, in denen die intellektuelle Produktion und institutionelle Entwicklung der Soziologie in bestimmten Zeitperioden im Kontext mit relevanten sozialen und politischen Entwicklungen erörtert werden. Das zweite Kapitel behandelt die Interpretation der brasilianischen Gesellschaft am Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum des Werks der Pioniere dieser Epoche, insbesondere bei Gilberto Freyre und Sergio Buarque de Holanda, steht die Frage nach den charakteristischen Persönlichkeitszügen und Beziehungen zwischen den ethnischen Gruppen, die sich im Zuge der „Rassenvermischung“ und der sozialen Bedingungen der K
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