Aus Versehen geklaut
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DER FREIE ZAHNARZT - September 2020
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Aus Versehen geklaut Umgang mit Schutzrechten. Was hat die Zahnarztpraxis mit Urheber- und Markenrecht zu tun? Erstaunlich viel. Denn wer würde heutzutage zum Beispiel noch auf Webseite oder Praxislogo verzichten wollen? Und schon kann die Lage unübersichtlich werden. AUTORIN: MARION MEYER-RADTKE
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ELBST DER FREIE VERBAND DEUTSCHER ZAHNÄRZTE (FVDZ) SAH SICH VOR KURZEM mit einem Fuß in der Abmahnfalle – wie Abertausende andere Organisationen in Deutschland auch. Denn plötzlich ging die Meldung um, der Begriff „Webinar“ sei markenrechtlich geschützt, dürfe nicht mehr verwendet werden und sei abmahnfähig. Und das mitten in der Corona-Krise, wo wirklich alle, vom Yogastudio bis zur Elite-Schmiede, auf OnlineSeminare umgestellt hatten und ihr Angebot selbstverständlich unter das gängige Schlagwort Webinar stellten. „Das hat tatsächlich auch viele Markenrechtler in Staunen versetzt“, sagt Bita Foroghi, Anwältin für die Kanzlei lennmed.de Rechtsanwälte. „Ich war sehr verwundert, dass dieser Begriff als Wortmarke eingetragen ist. Schließlich genießen Gattungsbegriffe, also allgemein sprachgebräuchliche oder verkehrsübliche Bezeichnungen oder glatt beschreibende Bezeichnungen keinen markenrechtlichen Schutz.“
AUFREGUNG UMS WEBINAR
Tatsächlich ist der Begriff bereits seit 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Marke registriert. Nun, ausgerechnet im Corona-Sommer, kam das Gerücht auf, dass die ersten Abmahnungen unterwegs seien. In Windeseile strichen Unternehmen, Unis, Institute und Verbände das Wort von ihren Webseiten, aus E-Mails und aus Flyern. Auch der FVDZ reagierte. Nachdem sich alle vom ersten Schock erholt und Markenrechtler den Fall diskutiert hatten, machte sich wieder Entspannung breit: Eine Abmahnung hätte wohl wenig Chancen, da der Rechteinhaber in den 17 Jahren seit der Ein-
tragung die Marke gar nicht genutzt und auf die zunehmende Ausbreitung des Begriffs nicht reagiert hatte. Großes Aufatmen. „Kleine Anekdote am Rande: Selbst das DPMA hatte das Wort für Online-Seminare benutzt“, berichtet Bita Foroghi. Markenrecht erscheint einem ja sonst eher als Arena der großen Player in der weiten Wirtschaftswelt: wenn Ritter Sport alle anderen wegbeißt und vor Gericht seinen alleinigen Anspruch auf Schokolade im Quadratformat verteidigt. Oder die Elektroband Kraftwerk sich 20 Jahre lang mit dem Rapper Moses Pelham um zwei Sekunden Musik aus einem ihrer Stücke streitet. Wenn Puddinghersteller sich um Schokoflecke fetzen.
APPLE GEGEN APFELKIND UND BIRNENLOGO
Oder wenn – ganz frisch – der Computerriese Apple gegen das kleine Kochrezepte-Start-up Prepear zu Felde zieht, weil sich dieses eine stilisierte grüne Birne als Logo erwählte. Nicht, dass noch jemand Äpfel und Birnen verwechselt. Apple wird als drittwertvollste Marke der Welt gehandelt, ein Status, den es zu verteidigen gilt. Der Apple-Konzern war es denn auch, der vor Jahren eine bedauernswerte Café-Betreiberin aus Bonn mit Widerspruch belegte, weil sie ihr Lokal „Apfelkind“ nannte un
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