Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung bei Kindern und Jugendlichen
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. Hiort1 · L. Marshall1 · A. Bacia2 · M. Bouteleux2 · L. Wünsch2 1
Sektion für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland 2 Klinik für Kinderchirurgie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Deutschland
Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung bei Kindern und Jugendlichen Grundlagen, Diagnostik und Management
Besonderheiten oder Störungen der Geschlechtsentwicklung („differences [disorders] of sex development“, DSD) haben in den letzten Jahren eine sehr große Beachtung sowohl in der Medizin als auch in der Gesellschaft gefunden. Sie sind beispielhaft für den Wandel der Wahrnehmung medizinischer Maßnahmen im Kontext gesellschaftlicher Entwicklung [7]. Während um die Jahrtausendwende noch von männlichem und weiblichem Pseudohermaphroditismus gesprochen wurde, hat die 2006 publizierte Nomenklatur und Klassifikation von DSD mit der Definition von Menschen mit Abweichungen des chromosomalen, gonadalen und phänotypischen Geschlechts sehr schnell Eingang in Textbücher sowie in die Fach- und Laienwelt gefunden [11, 19]. Mit dieser Nomenklatur sollten eigentlich diskriminierende Bezeichnungen im medizinischen Umgang vermieden werden. Jedoch wird auch die Wortwahl „Störung“ oder „disorder“ von Betroffenen als ungeeignet gesehen, sodass mittlerweile die Begrifflichkeiten Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Beitrag die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die Erstpublikation dieses Beitrags erfolgte in Monatsschr Kinderheilkd 2019 · 167:598–606. https://doi.org/10.1007/s00112-019-0718-0. Online publiziert: 3. Juni 2019. © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
„Besonderheit“ oder „difference“ im internationalen Bereich verwendet werden und im deutschsprachigen Raum auch von „Varianten“ der Geschlechtsentwicklung gesprochen wird. Im vorliegenden Beitrag wird die Abkürzung DSD genutzt, da diese größtenteils im professionellen Bereich und in der Selbsthilfe als Überbegriff bekannt ist. Zusätzlich wird anerkannt, dass sich manche Betroffene als intersexuell bezeichnen. Dieser Begriff wird allerdings zurzeit als eine soziokulturelle Haltung angesehen, die eine Berücksichtigung in der Medizin finden muss, aber (noch) keine biologische Grundlage hat [8].
Grundlagen Die Geschlechtsentwicklung ist ein hochkomplexer biologischer Vorgang, der für alle Geschlechter von einer gemeinsamen Grundlage ausgeht sowie in einer zeitlich und auch räumlich definierten Abfolge genetisch determinierter Pfade stattfindet. Grundsätzlich können folgende 3 Stadien unterschieden werden: Von der Konzeption bis etwa zur 6. Schwangerschaftswoche (SSW) besteht das sog. indifferente Stadium, in dem die Embryonen hinsichtlich ihrer Geschlechtsentwicklung nicht zu unterscheiden sind. In dieser Zeit entwickelt sich die bipotente Keimdrüsenanlage, die die Grundlage für die Differenzierung in Hoden oder Ovar darstellt.
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