Diagnostik und Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit chronischem Schmerz

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REPORT


Felix Selent1,2 · Sabrina Schenk1,2 · Dunja Genent1,2 · Julia Wager1,2 · Boris Zernikow1,2 1

Deutsches Kinderschmerzzentrum, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln, Universität Witten/Herdecke, Datteln, Deutschland 2 Lehrstuhl für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin, Fakultät für Gesundheit, Department für Humanmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

Diagnostik und Therapie bei Kindern und Jugendlichen mit chronischem Schmerz Zeitliche Entwicklung potenziell gesundheitsgefährdender Maßnahmen

Zusatzmaterial online Die Online-Version dieses Beitrags (https:// doi.org/10.1007/s00482-020-00506-5) enthält vier weitere Tabellen. Beitrag und Zusatzmaterial stehen Ihnen auf www. springermedizin.de zur Verfügung. Bitte geben Sie dort den Beitragstitel in die Suche ein, das Zusatzmaterial finden Sie beim Beitrag unter „Ergänzende Inhalte“.

Hintergrund Chronische Schmerzen im Kindes- und Jugendalter stellen ein häufiges und zunehmendes Gesundheitsproblem dar. Zumeist können die Beschwerden auf eine funktionelle Störung zurückgeführt werden [1–4]. Dies setzt den Ausschluss einer aktiven körperlichen Grunderkrankung voraus. Es gibt evidenzbasierte Empfehlungen für das diagnostische Vorgehen bei rezidivierenden Schmerzen im Kindesalter [5–8]. Eine übersteigerte Diagnostik und Therapie bei anhaltenden Schmerzen kann zu einer ia-

trogenen Chronifizierung beitragen [9]. Sie ist für Patienten sowohl psychisch belastend als auch potenziell gefährlich [10]. Die aktuelle Studienlage belegt die Wirksamkeit multiprofessioneller multimodaler Ansätze, die auf invasive und potenziell gefährliche Maßnahmen weitgehend verzichten und stattdessen einen Schwerpunkt auf Patientenedukation, psychosoziale Maßnahmen und Steigerung der Selbstwirksamkeit legen [11–15]. Wissenschaftliche Untersuchungen aus den USA zeigen eine Zunahme der Anzahl diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen sowie deren Invasivität beim Vorliegen einer funktionellen Schmerzproblematik im Kindes- und Jugendalter [16, 17]. Bislang wurde nicht überprüft, ob ein solcher Trend auch in Deutschland zu beobachten ist. In seltenen Fällen sorgt die Konstellation aus angewandter Diagnostik bzw. Therapie für ungünstigste Verläufe (. Tab. 1). Ziel dieser Studie ist die Untersuchung von Art und Anzahl eingesetzter Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit chronischen Schmerzen über einen Untersuchungszeitraum von 12 Jahren vor Beginn einer spezialisierten Schmerztherapie. Hierzu wird auch analysiert, ob das Risiko einer ausgedehnten Diagnostik bzw. Therapie für alle Kinder und Jugendlichen gleich groß ist oder ob sich Faktoren identifizieren lassen, die

mit einem unverhältnismäßigen Einsatz von Maßnahmen assoziiert sind.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden Studiendesign In die retrospektive Studie wurden Kinder und Jugendliche eingeschlossen, die aufgrund einer somatoformen oder chronischen Schmerzstörung (ICD-10: F45.40/F45.41) erstmalig in den Jahren 2004, 2008, 2012 oder 2016 zur stationären Schmerztherapie im Deutschen Kinderschmerzze