Die Grundlagen der Mathematik
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Die Grundlagen der Mathematik
1).
Vortrag, gehalten auf Einladung des Mathematischen Seminars im Juli 1927 in Hamburg. Von DAVID HILBERT aus Göttingen.
Es ist für mich eine hohe Ehre und zugleich ein Bedürfnis, meine Gedanken über die Grundlagen der Mathematik, die ich seinerzeit vor fünf Jahren hier entwickelt habe, und die mich seitdem dauernd aufs lebhafteste beschäftigt haben, zu ergänzen und weiterzuführen. Mit dieser Neubegründung der Mathematik, die man füglieh als eine Beweistheorie bezeichnen kann, verfolge ich ein bedeutsames Ziel: ich möchte nämlich die Grundlagenfragen in der Mathematik als solche endgültig aus der Welt schaffen, indem ich jede mathematische Aussage zu einer konkret aufweisbaren und streng ableitbaren Formel mache nnd dadurch die mathematischen Begriffsbildungen und Schlüsse in eine solche Fassung bringe, daß sie unwiderleglich sind und doch ein Bild der gesamten Wissenschaft liefern. Ich glaube dieses Ziel mit meiner Beweistheorie völlig erreichen zu können, wenn auch bis zu ihrer völligen Fertigstellung· noch sehr viele Arbeit nötig Rein wird. Die Mathematik wie jede andere Wissenschaft kann nie durch Logik allein begründet werden; vielmehr ist als Vorbedingung für die Anwendung logischer Schlüsse und für die Betätigung logischer Operationen uns schon etwas in der Vorstellung gegeben: gewisse außerlogische konkrete Objekte, die anschaulich als unmittelbares Erlebnis vor allem Denken da sind. Soll das logische Schließen sicher sein, so müssen sich diese Objekte vollkommen in allen Teilen überblicken lassen und ihre Aufweisung, ihre Unterscheidung, ihr Aufeinanderfolgen oder Nebeneinandergereihtsein ist mit den Objekten zugleich unmittelbar anschaulich gegeben als etwas, das sich nicht noch auf etwas anderes reduzieren läßt oder einer Hednktion bedarf. Dies ist die philosophische Grnndeinstellung, rlie ich für die Mathematik wie überlumpt zn allem wissenschaftlichen Denken, Verstehen und l\Iitteilen als erforderlich 1) Vg-1. meine bisherigen Veröffentlichungen ü bcr tlietien Geg-enstantl: Neubeg-rüntlung der Mathematik, Abh. a. tl. Math. Sem. tl. Hamb. TTniv., Btl. I, S. 157 (1922); die logischen Grumllagen der Mathematik, Math. Ann., Bd. 88, S. lfll (1922); über !las Unentlliche, Math. Aun. Bd. 95, S. 161 (l!J2;J).
D. Hilbert.
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erachte. Und insbesondere in der Mathematik sind Gegenstand unserer Betrachtung die konkreten Zeichen selbst, deren Gestalt unserer Einstellung zufolge unmittelbar deutlich und wiedererkennbar ist. Dies ist das geringste l\Iaß von Voraussetzung, das kein wissenschaftlicher Denker entbehren kann und daher jedermann, sei es bewußt oder nubewußt, innehalten muß. Der Grundgedanke meiner Beweistheorie ist folgender: Alle Aussagen, die die Mathematik ausmachen, werden in Formeln umgesetzt, sodaß die eigentliche Mathematik zu einem Bestande an Formeln wird. Diese unterscheiden sich von den gewöhnlichen Formeln der Mathematik nur dadurch, daß in ihnen außer den gewöhnlichen Zeichen noch die logischen Zeichen (folgO
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