Die Leiden der jungen Wissenschaftler
- PDF / 471,216 Bytes
- 5 Pages / 595.22 x 842 pts (A4) Page_size
- 101 Downloads / 210 Views
KA R R I ER E, KÖP FE & KON Z E P TE
Wissenschaftssystem
Die Leiden der jungen Wissenschaftler ANNEMARIE LANG 1 , LAURA CZECH 2 , ALEXANDER J. PROBST 3 MEDIZINISCHE KLINIK MIT SCHWERPUNKT RHEUMATOLOGIE UND KLINISCHE IMMUNOLOGIE, CHARITÉ-UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN 2 ZENTRUM FÜR SYNTHETISCHE MIKROBIOLOGIE, FACHBEREICH CHEMIE, UNIVERSITÄT MARBURG 3 UMWELTMIKROBIOLOGIE UND BIOTECHNOLOGIE, AQUATISCHE MIKROBIELLE ÖKOLOGIE, UNIVERSITÄT DUISBURG-ESSEN
1
DOI: 10.1007/s12268-020-1442-y © Springer-Verlag GmbH 2020
„Ein Mensch, der um anderer willen, ohne dass es seine eigene Leidenschaft sein eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre oder sonst etwas abarbeitet, ist immer ein Tor.“ 1 ó „Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ zählen zum akademischen Mittelbau [1] – dem Fundament der Lehre und Forschung – wenn sie im öffentlichen Dienst an einer Universität auf Landeshaushaltstellen an gestellt und nicht planmäßig auf eine Professur berufen sind. Das sind vor allem Doktorand/inn/en und Postdocs mit befristeten Verträgen [2]. Sind diese Stellen unbefristet, unterliegen sie einer spezifischen Tätigkeitsbeschreibung (Lehre, In frastruktur) und dienen nicht der Weiterbildung. Da diese unbefristeten Stellen vor allem in den Naturwissenschaften immer weniger werden, deckt heutzutage hauptsächlich befristetes Personal auf Projektstellen die Arbeitsleistung ab. Sie haben eine Sonderrolle im akademischen System und zählen eigentlich nicht zum Mittelbau, auch wenn sie ihn ausgleichen. Die jährlich bis zu 29.000 erfolgreichen Promovenden in Deutschland [3] führen einen Hauptteil der Forschung aus. Doch nicht jede/r Promovierte kann und will das Rennen um eine der rund 980 Berufungen pro Jahr in Deutschland gewinnen [4]. Doktorand/inn/en arbeiten meist auf Teilzeitstellen (65 %); erwartet wird das Engagement und die Arbeitsbereitschaft für eine Vollzeitstelle. Auch auf Vollzeitstellen in höheren Positionen bleibt die Befristung bestehen. Dabei leistet der wissenschaftliche Nachwuchs unverhältnismäßig viel in der Lehre
1
oder Einwerbung von Drittmitteln, hat aber mit Perspektivlosigkeit und Existenzsorgen zu kämpfen. 93 Prozent der Wissenschaftler/ innen an deutschen Hochschulen und 82 Prozent an außeruniversitären Einrichtungen (z. B. MPI, Helmholtz) haben eine befristete Stelle. Das Durchschnittsalter für W2/ W3-Berufungen beträgt derzeit 39–42 Jahre (Mathematik, Naturwissenschaften, Humanmedizin, Gesundheitswesen), eine Promotion wird meist zwischen dem 25. und 28. Lebensjahr angetreten [4]. Es bleibt eine Lücke von gut zehn Jahren.
Karrierewege – die Qual der Wahl Der Weg aus dem befristeten Mittelbau endet entweder als permanente/r wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in im Mittelbau oder als Professor/in. Permanente wissenschaftliche Mitarbeiterstellen, z. B. beamtete/r Akademische/r Rat/Rätin (AR), sind heutzutage in der deutschen Wissenschaftsstruktur rar gesät. Diese Positionen wurden im Zuge von Hochschulreformen minimalisiert (im Schnitt ein AR pro Lehrstuhl). Tätigkeiten im Mittelbau sind auf
Data Loading...