Hans Asperger, Leben und Wirken 1931 bis 1946

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Kinderheilkunde Hans Asperger und die Heilpädagogik Monatsschr Kinderheilkd 2020 · 168 (Suppl 3):S176–S187 https://doi.org/10.1007/s00112-020-00948-2 Online publiziert: 13. August 2020 © Der/die Autor(en) 2020

Werner Maleczek1 · Peter Malina · Ernst Tatzer · Franz Waldhauser 1

Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Universität Wien, Universitätsring 1, Wien, Österreich

Hans Asperger, Leben und Wirken 1931 bis 1946 Er war kein Handlanger der NSKindermörder vom „Spiegelgrund“

Aspergers Prägung durch den Bund Neuland Hans Asperger (1906–1980) stammte aus dem Wiener kleinbürgerlichen Milieu; die Familie hatte Wurzeln im Weinviertel. Den Vater, von Beruf Buchhalter, schilderte er als streng und ehrgeizig, die Mutter als liebevoll bis zur Selbstentäußerung.1 Der 1910 geborene Bruder Karl, dem der Ältere sehr zugetan 1 Die Quellen zum Leben und zum Wirken Aspergers sind überschaubar. Es gibt keine Memoiren; die beiden knapp gefassten Tagebücher betreffen nur den kurzen Aufenthalt an der Klinik in Leipzig im Frühjahr 1934 und die Zeit als Soldat der Wehrmacht vom 25.03.1943 bis zum Mai 1945. Sie befinden sich im Privatarchiv von Aspergers Tochter Maria Asperger Felder in Zürich. Das ausführlichste Selbstzeugnis ist ein am 24.12.1974 im Österreichischen Rundfunk ausgestrahlter, etwa 55 min langer Lebensbericht, der 1978 und 1980 wiederholt wurde. Darin auch die Aussagen überVaterundMutter(https://www.mediathek. at/portaltreffer/atom/01782B10-0D9-00CD500000BEC-01772EE2/pool/BWEB). Im Jahr 1977 sprach er mit Glattauer über sein Leben und seine Grundeinstellungen (Glattauer HO [1977] Menschen hinter großen Namen. Berühmte Österreicher, die Sie kennen sollten. Winter, Salzburg 1977, S. 12–14). Die zahlreichen Schriften Aspergers sind noch nicht vollständig gesammelt. Abgesehen von seinem Hauptwerk Heilpädagogik (erstmalig 1952, 4 weitere, teilweise leicht überarbeitete Auflagen bis 1968) und der Habilitationsschrift, veröffentlicht 1944, handelt es sich um etwa 300 kürzere, fast ausschließlich in deutscher Sprache verfasste Aufsätze. Die ausführlichste biografische Darstellung stammt von Maria Asperger Felder (2008) „Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt“. Hans Asperger (1906–1980: Leben und Werk). In: Castell R (Hrsg.) Hundert Jahre KinderundJugendpsychiatrie.BiografienundAutobio-

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Monatsschrift Kinderheilkunde · Suppl 3 · 2020

war, sollte 1942 in Russland fallen. Aspergers Jugendzeit war geprägt von seiner Leidenschaft für das Lesen, aber noch viel mehr vom „Bund Neuland“, einem Flügel der österreichischen katholischen Jugendbewegung. Diesen hatten die charismatischen Priester Michael Pfliegler (1891–1972), der spätere Professor für Pastoraltheologie an der Universität Wien, und Karl Rudolf (1886–1964), der spätere Gründer und Leiter des Seelsorgeinstituts der Erzdiözese Wien, ins Leben gerufen und bestimmten ihn zwischen 1921 und 1938 geistlich [64, 65]. Asperger hat diese Prägung wiederholt betont, besonders ausführlich in seinem 1974 im Radio ausgestrahlten Lebensrückblick: „das entscheidende Erlebnis meine