Intensivtherapie bei Verletzungen der Kiefer- und Gesichtsregion

Die Schädel- und Gesichtstraumatologie besitzt für die Intensivmedizin eine besondere Bedeutung. Gesichtsschädelfrakturen, also Mittelgesichts-, Unterkiefer-, Frontobasisfrakturen sowie kombinierte Weichteil-Knochen-Verletzungen des Gesichtsschädels sind

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REPORT


Intensivtherapie bei Verletzungen der Kiefer- und Gesichtsregion S. Reinert* Klinik u. Poliklinik f€ ur Mund-, Kiefer- u. Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum T€ubingen, T€ubingen, Deutschland

1 Grundlagen Die herausragende Bedeutung des Gesichts f€ ur die Persönlichkeit eines Menschen bedingt, dass Verletzungen der Kiefer- und Gesichtsregion f€ ur den betroffenen Patienten nicht nur von funktioneller, sondern auch von ästhetischer Bedeutung sind: Funktionen wie Sprache, Sehen, Riechen, Kaufunktion und Schlucken können durch ein Trauma im Gesichtsschädelbereich beeinträchtigt werden, aber auch das Gesicht als Ausdruck der Persönlichkeit kann in seiner Integrität zerstört werden. Diese Gesichtspunkte sind bei der Therapie zu ber€ ucksichtigen und erfordern eine sorgfältige Diagnostik, eine zeitgerechte, anatomisch exakte Reposition und Fixation aller frakturierten Skelettabschnitte sowie eine subtile Weichteilversorgung. Wegen der aus ästhetischen Gr€ unden begrenzten Zugangswege im sichtbaren Bereich wird die Exposition der Frakturen von intraoral, kleinen periorbitalen Inzisionen und bei komplexen Mittelgesichtsfrakturen € uber einen B€ ugelschnitt bevorzugt. Auch im Rahmen der Primärversorgung, die spätestens ca. 7–10 Tage nach dem Trauma erfolgen soll, kann eine primäre Knochentransplantation von autologen Rippen-, Beckenkamm- oder Tabula-externa-Kalottentransplantaten notwendig werden. Die Weichteilversorgung erfolgt mit feinstem atraumatischem Nahtmaterial. Wegen der besonderen Bedeutung der Schädel- und Gesichtstraumatologie f€ ur die Intensivmedizin sollen diese Aspekte im Folgenden besonders herausgestellt werden. Einerseits haben moderne Anästhesieverfahren der Kiefer- und Gesichtschirurgie die Anwendung fortschrittlicher chirurgischer Techniken ermöglicht, andererseits wird durch die Osteosyntheseverfahren die postoperative Intensivbehandlung v. a. des polytraumatisierten Patienten wesentlich verbessert. Während fr€uher Ober- und Unterkiefer häufig f€ ur mehrere Wochen gegeneinander immobilisiert wurden (mandibulomaxilläre Fixation, fr€ uher intermaxilläre Fixation genannt), ist dies heute meist nur kurzfristig erforderlich oder vermeidbar. Auf diese Weise werden Mundhygiene und Bronchialtoilette erleichtert und nichtintubierten Patienten die verbale Kommunikation ermöglicht.

2 Verletzungen der Gesichtsweichteile 2.1 Diagnostik Verletzungen der Gesichtsweichteile treten nicht selten in Kombination mit Frakturen auf. In solchen Fällen werden, unter Nutzung der Weichteilwunden als Zugang, zunächst die knöchernen Verletzungen nach dem Prinzip „von innen nach außen“ versorgt. Da die Primärversorgung zugleich auch die definitive Versorgung sein sollte, kommt der Beurteilung des Erstbehandlers große Bedeutung zu: Lässt sich eine knöcherne Verletzung nicht ausschließen, sollte möglichst auf eine Weichteilversorgung zunächst verzichtet und eine exakte Frakturdiagnostik, zumeist mit Hilfe einer Computertomographie, durchgef€uhrt werden. Dies kann bedeuten, dass der Patient in eine Klinik mit mund-, kiefer- und