Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerz- und Palliativtherapie

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Fortbildung

Medizinisches Cannabis im Überblick

Nutzen von Cannabinoiden in der Schmerz- und Palliativtherapie Norbert Schürmann

Die sedierende und euphorisierende Wirkung der Cannabispflanze war schon vor mehr als 2000 Jahren im alten Ägypten bekannt. Cannabis ist in der therapeutischen Anwendung sehr vielseitig. Cannabisextrakte wirken unter anderem analgetisch, appetitanregend, entspannend, stimulierend und sedierend. Der folgende Artikel gibt e ­ inen Überblick über den therapeutischen Nutzen von Canna­binoiden in der Schmerzund Palliativmedizin.

D

ie Cannabispflanze enthält mehr als 100 Cannabinoide. Die bekanntesten sind THC (Delta9-Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol). THC kommt in bis zu 25 % in der Pflanze und CBD in bis zu 2 % im Faserhanf vor. Je nach Pflanzensorte sind THC- und CBD-Gehalt sehr unterschiedlich. Weitere Inhaltsstoffe sind Terpene und Flavonoide. Schmerzmedizin  2020; 36 (6)

Die analgetische, appetitanregende und antiemetische Wirkung von THC ist in der Palliativmedizin bereits seit langem bekannt. Für CBD wurden abhängig von der Konzentration und insbesondere in der Kombination mit THC vielfältige Wirkungen beschreiben, unter anderem analgetische, antikonvulsive, angstlösende, appetitanregende, blutdrucksenkende, antibakterielle, anti­

emetische, antipsychotische, krampflösende, entzündungshemmende, neuro­ protektive und immunregulierende Wirkungen. Außerdem soll CBD günstig auf das Knochenwachstum wirken.

Schmerzverarbeitung Die Verarbeitung von Schmerzsignalen beginnt mit der Übertragung des nozizeptiven Signals im peripheren Nervensystem und endet mit der subjektiven Schmerzwahrnehmung im Zentralnervensystem (ZNS) [1]. Abb. 1 zeigt die retrograde Signaltransduktion [2]. Zunächst erkennen periphere sensorische Neurone eine Gewebeschädigung. Diese Information wird an neuronale Axone weitergeleitet. Sensorische Neurone leiten den Reiz auf zentrale dorsale Neuronen im Hinterhorn des Rückenmarks weiter. Von dort werden die Schmerzsignale über

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Fortbildung

Cannabinoide in der Schmerz- und Palliativtherapie

Präsynaptisches Axon

aufsteigende Wege zum Hirnstamm, zum Thalamus und zu kortikalen Hirnregionen weitergeleitet, wo sie weiter verarbeitet werden. Cannabinoidrezeptoren (CB-Rezeptoren) sind unter anderem in den frontalen und limbischen Hirnregionen des Kortex konzentriert, die mit Zentren für die Schmerzverarbeitung verbunden sind, einschließlich des anterioren cingulären Cortex (ACC) [3]. Die Interaktion von CB-Agonisten mit Gehirnregionen, die für die Verarbeitung komplexer mentaler Vorgänge wie schmerzbedingte Affektivität und motivationale Dimensionen verantwortlich sind, erklärt, warum diese Substanzen dazu beitragen können, das sub­ jektive Schmerzempfinden zu reduzieren. Dies steht im Einklang mit Beobachtungen von De Vita et al. [4], nach denen

die Gabe von Cannabinoiden (hier eine Tagesdosis von 15 mg THC) im Vergleich zu Placebo die Unannehmlichkeit der Schmerzen verringerte, jedoch nicht die Intensität der Schmerzen reduzierte. Das heißt, die Verabreichu