Bei Kindern Trigger gezielt abfragen!
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Gendolla: Patienten, die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer einnehmen, werden in der Apotheke darüber informiert, dass sie keine Triptane einnehmen dürfen. Es ist äußerst wichtig, unsere Patienten dahin gehend aufzuklären, dass die Möglichkeit eines Serotonin-Syndroms zwar theoretisch besteht, dass sich dieses bislang allerdings weltweit noch nicht dargestellt hat.
?? In Kürze soll außer Naratriptan und Almotriptan auch Sumatriptan rezeptfrei von Apotheken abgegeben werden dürfen. Was meinen Sie dazu?
Vor allem aber führt es dazu, dass viele Migränepatienten diese Medikamente nicht bestimmungsgemäß einnehmen – und wir es vermehrt mit Medikamenten-induzierten Kopfschmerzen zu tun haben.
Gendolla: Ich finde die rezeptfreie Abgabe von Triptanen hoch problematisch. Das verschiebt die Behandlungskosten ins Portemonnaie der Patienten. Das ist nicht fair! Diese Abgabepraxis bringt die Erkrankung eher weg von der ärztlichen Beratung.
!! Dr. Gendolla, vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Thomas Meißner
Migräne
Bei Kindern Trigger gezielt abfragen!
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ie Einjahresprävalenz der Migräne bei Kindern und Jugendlichen liegt bei 3-7 %. Jungen und Mädchen sind ähnlich häufig betroffen. Inzwischen werde zunehmend auch bei Kindern an die Möglichkeit einer Migräne gedacht, sagt Dr. Astrid Gendolla aus Essen. Allerdings lasse sich die Anamnese weniger gut erheben als bei Erwachsenen. Denn die Symptomatik schwankt bei Kindern oder ist durch die Eltern beeinflusst. Um keine schwerwiegende Erkrankung zu übersehen, rät Gendolla bei Kindern, die regelmäßig und schwer unter Kopfschmerzen leiden, zunächst eine Kernspintomografie des Kopfes vorzunehmen. „Die Wartezeit bis zum Termin wird mit einem Kopfschmerztagebuch überbrückt, das das Kind zwingend selbst führen muss“, erklärt die Neurologin. Aus Studien gehe hervor, dass bereits dies zu einer reduzierten Kopfschmerzfrequenz führt.
Auf Trinkmenge achten! Abgefragt werden sollten Kopfschmerzauslösende Situationen, die dem Kind oft nicht bewusst sind, die aber vermieden werden könnten, zum Beispiel zu gerinSchmerzmedizin 2020; 36 (6)
ge Flüssigkeitszufuhr oder Stress mit Freunden, Eltern oder Lehrern. Zu achten ist auf eine ausreichende Trinkmenge – gerade Mädchen vermeiden es oft, zu trinken, weil sie in der Schule nicht auf die Toilette gehen wollen. Wichtig ist auch die Ernährungsanamnese: Viele Kinder und Jugendliche gehen ohne Frühstück aus dem Haus. Gendolla dazu: „Dann empfehle ich, eine Kleinigkeit zu trinken, zum Beispiel einen Kakao oder Ähnliches.“ Günstig sind regelmäßige kleine Mahlzeiten. Bei drei bis vier Attacken pro Monat ist die Magnesiumzufuhr von 300 bis 600 mg pro Tag eine vorbeugende Maßnahme, akute Anfälle werden mit Ibuprofen 10 bis 20 mg (max. 30 mg) pro kg Körpergewicht behandelt. „Reicht das nicht, kommt Sumatriptan 10 mg nasal infrage.“
Ausgeprägte Vorurteile Allerdings mögen Kinder den Geschmack oft nicht. In Absprache mit den Eltern verordnet Gendolla dann ein orales Triptan, auch wenn das Kind noch jünger als 12 Jahre ist (off-label-use).
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