Die gesellschaftliche Verteilung von Traurigkeit. Eine emotionssoziologische Analyse

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REPORT


e gesellschaftliche Verteilung von Traurigkeit. Eine emotionssoziologische Analyse Nina R. Jakoby

Zusammenfassung:  Die Soziologie interessiert sich für die soziale Verteilung und Determinanten von Traurigkeit als Teil der Gefühlskultur einer Gesellschaft. Sie eröffnet zugleich Potenziale für das Themenfeld der sozialen Ungleichheit von Emotionen. Auf der Grundlage einer Querschnittsanalyse von Daten des Schweizer Haushalt-Panels (SHP) werden Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit der erlebten Traurigkeit und Merkmalen der sozialstrukturellen Position, des sozialen Kontextes sowie in Abhängigkeit von kritischen Lebensereignissen geprüft. Der Beitrag bestätigt Variationen von Traurigkeit entlang sozialer Merkmale wie Geschlecht, Einkommen, Alter, Nationalität und Sprachregion. Schlüsselwörter:  Traurigkeit · Emotion · Sozialstruktur · Soziale Ungleichheit · Schweizer Haushalt-Panel

The societal distribution of sadness. An analysis from a sociology of emotions perspective Abstract:  Sociology is interested in the social incidence of and the factors that account for sadness as a part of a society’s culture of emotions. At the same time, it opens a range of opportunities for the study of social inequality in experiencing emotions. Based on Swiss Household Panel (SHP) data, relationships are assessed between the frequency of sadness, and the parameters of one’s position in the social structure, the social context, as well as critical life events. The paper confirms that sadness is reported differently along social predictors like gender, income, age, nationality and language region. Keywords:  Sadness · Emotion · Social structure · Inequality · Swiss Household Panel

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Dr. phil. N. R. Jakoby () Soziologisches Institut, Universität Zürich, Andreasstrasse 15, 8050 Zürich, Schweiz E-Mail: [email protected]

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N. R. Jakoby

1 Einleitung1 Seit den 1990er Jahren ist ein zunehmendes Interesse an Emotionen als soziologischem Forschungsgegenstand feststellbar. Folge dieses emotional turn (vgl. Hopkins et al. 2009) ist eine verstärkte Reflexion über Emotionen als sozialen Tatbestand. Dennoch sind verschiedene Forschungsdefizite zu konstatieren. Hierzu zählen insbesondere die Vernachlässigung der theoretischen und empirischen Analyse von spezifischen Emotionen sowie die quantitative Analyse der sozialen Korrelate von Emotionen (vgl. Thoits 1989; Turner und Stets 2005). Die Emotion Traurigkeit steht im Vordergrund dieses Beitrages. Wie sich Traurigkeit in einer Gesellschaft verteilt und welchen sozialen Bedingungen sie unterliegt, sind weitgehend offene empirische Fragen. Sie stehen jedoch im Zentrum einer soziologischen Emotionsforschung, die Rückschlüsse auf soziale Ungleichheiten im emotionalen Erleben ermöglicht (vgl. Turner und Stets 2005) und das emotionale Klima (vgl. Vester 1991) einer Gesellschaft beschreiben kann. Die soziologische Perspektive auf Emotionen erfordert dabei eine Abgrenzung zu pathologischen Formen von Traurigkeit (z. B. depressiver Störung), wie sie Thoits (198