Heuristiken zur Ermittlung der Eigenkapitalrendite

  • PDF / 285,357 Bytes
  • 6 Pages / 595.276 x 790.866 pts Page_size
  • 95 Downloads / 195 Views

DOWNLOAD

REPORT


Heuristiken zur E ­ rmittlung der Eigenkapitalrendite Eine angemessene und nachvollziehbare Eigenkapitalrendite zu ermitteln, ist für jedes börsennotierte Unternehmen von besonderer Bedeutung. Seit 2019 werden die Rufe nach einer Reform der bisherigen Berechnungsmethodik lauter. Ein praktikabler und ­flexibler Lösungsansatz ist der ­Einsatz von heuristischen Modellen. Steffen Menze, Laura Wittich, Torben Schmidt

Nach seiner Zusammenkunft Ende August 2019 verkündete der einflussreiche Business Roundtable, ein Zusammenschluss von rund 200 Vorstandsvorsitzenden der größten USamerikanischen Unternehmen wie Apple, Walmart oder Bank of America, in seinem „Stakeholder Commitment“-Statement, Unternehmensaktivitäten nicht länger ausschließlich nach den Interessen der Eigenkapitalgeber zu gestalten. Vielmehr sind auch die Interessen anderer Stakeholder zu stärken, allen voran die ihrer Kunden und Mitarbeiter (vergleiche Business Roundtable 2019). Dies ist insofern erstaunlich und stellt einen Paradigmenwechsel dar, da der Business Roundtable seit 1997, mehr als 20 Jahre lang, die Eigenkapitalgeber explizit in den Vordergrund der Unternehmensaktivitäten gestellt hatte. Die „New York Times“ betitelte die neueste Ergebnisveröffentlichung als „Shareholder Value Is No Longer Everything“ (New York Times 2019). Kritik am Shareholder-Value-Ansatz ist keineswegs neu. Allerdings waren die Rufe aus der Unternehmenspraxis nach Alternativen nie zuvor so prominent. Um der neuen Zielsetzung gerecht zu werden, müssen Unternehmen ihre strategische Aus­richtung im Finanzbereich überdenken und weitere Stakeholder am Unternehmensgewinn partizipieren lassen. Eine

58

Option ist, die Renditeanforderungen der Eigenkapitalgeber mithilfe einer Heuristik zu ermitteln und das Ergebnis dem Status quo gegenüberzustellen. Reduzieren sich unter Anwendung des heuristischen Modells die Eigenkapitalzinsen, kann das Unternehmen die Differenz nutzen, um sie auf andere Stake­ holder zu verteilen.

Eigen- und F ­ remdkapitalmarktzinsentwicklung Seit über zehn Jahren gehen die Entwicklungen des Basiszinssatzes und der Zinsen der Eigenkapitalgeber auseinander. Gemäß einer Studie von KPMG beträgt die Differenz zwischen fünf und inzwischen sieben Prozentpunkten (vergleiche KPMG 2018). Anders ausgedrückt ist der Eigenkapitalzinssatz damit mehr als dreimal so hoch wie der Basiszinssatz. Demnach haben die Eigenkapitalgeber aufgrund ihrer zusätzlichen beziehungsweise anders gearteten Risiken und trotz der eingeräumten Mitspracherechte einen enormen Aufschlag erhalten, dessen Höhe sich auch mit kapitalmarkttheoretischen Modellen nicht erklären lässt. Gerechtfertigt erscheint demnach lediglich ein Aufschlag von etwa einem Prozentpunkt gegenüber dem Basiszinssatz. Dieses ungewöhnlich hohe Auseinanderfallen der Renditen ist bereits für zahlreiche Länder sowie langfristige Zeithorizonte nachgewiesen worden

Controlling & Management Review  8 | 2020

Accounting & Reporting | Rendite-Berechnungen und wird als „Equity Premium Puzzle“ bezeichnet (vergleiche Mehra 2006, S. 4.)