Konzentration der Krise auf Griechenland seit 2015

Das Wiedererstarken der Zerfallserscheinungen des Euroraums zu Beginn des Jahres 2015 beruhte nur zu einem geringen Anteil auf der angeblich gestiegenen Schuldenlast Griechenlands. Gewichtiger war der politischen Kurswechsel der griechischen Regierung nac

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REPORT


Konzentration der Krise auf Griechenland seit 2015

16.1

Erste Schritte der Regierung Tsipras

Das Wiedererstarken der Zerfallserscheinungen des Euroraums zu Beginn des Jahres 2015 beruhte nur zu einem geringen Anteil auf der angeblich gestiegenen Schuldenlast Griechenlands. Gewichtiger war der politischen Kurswechsel der griechischen Regierung nach der Wahl, das auslaufende Hilfsprogramm und das Vorpreschen der Bundesregierung gegen den Wahlgewinner Alexis Tsipras. Nachdem die Schulden im Jahr 2014 geringfügig angestiegen waren, sanken sie 2015 aufgrund von Primärüberschüssen wieder ab. Es bestand kein Anlass aufgrund der Verschuldung einen Bruch der Eurozone zu prognostizieren. Im März 2014 belief sich die Verschuldung des griechischen Zentralstaats auf 320 Mrd. Euro, im Juni 2014 auf 322 Mrd. Euro, im September 2014 auf 321 Mrd. Euro und Ende Dezember auf 324 Mrd. Euro. Zu Beginn des Jahres 2015 sank die Schuldenlast hingegen auf 312 Mrd. Euro ab.1 Im Verlauf des Jahres 2014 sanken die Zinsen für griechische Staatsanleihen bis sie im September 2014 mit 5,89 Prozent ihren vorläufigen Tiefpunkt erreichten. Anfang 2015 zeichnete sich der anstehende politische Wandel immer konkreter ab. Die Regierung Samaras, die seit September 2013 die Auflagen der Troika erfüllt hatte, traf auf einen politischen Herausforderer, der in der an Entbehrungen leidenden Bevölkerung als Hoffnungsträger galt. Tsipras warb für seine Partei Syriza, indem er versprach, das Spardiktat zu beenden, einen Schuldenschnitt durch1

Vgl. Hellenic Republic Public Debt Bulletin Nr. 73-77.

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2017 F. Illing, Die Eurokrise, DOI 10.1007/978-3-658-09541-3_16

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zusetzen und Erleichterungen für die griechische Bevölkerung zu erkämpfen. Zu dem Zeitpunkt, an dem sich Samaras‘ Wahlniederlage abzeichnete, verkündete Berlin die potentiellen Risiken eines Ausscheidens Griechenlands aus dem Euroraum. Mit dem Bild des Grexit – des Griechenland-Exit – schuf die Bundesregierung selbst ein Szenario, welches die Eurokrise erneut anheizte. Noch vor der Parlamentswahl prüfte Berlin die möglichen negativen Auswirkungen auf die Währung durch den Grexit.2 Da Portugal und Irland ihre Probleme weitgehend überwunden hätten, bestünde keine Ansteckungsgefahr anderer Länder der Eurozone durch einen Grexit. Zu diesem Zeitpunkt stiegen die Zinsen für griechische Staatsanleihen abrupt an. Im September des Vorjahres beliefen sich die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen noch auf 5,89 Prozent. In den Folgemonaten stiegen sie zwar schon sukzessive an. Vom Dezember 2014 zum Januar 2015 nahmen sie dann um 1,4 Prozentpunkte von 8,42 auf 9,48 Prozent zu.3 Alexis Tsipras wies solche Vorwürfe zurück und bezichtigte Berlin der Lüge: „Eine kleine Minderheit, versammelt um die konservative Führung der deutschen Regierung und ein Teil der populistischen Presse besteht darauf, die Ammenmärchen und Geschichten vom Austritt Griechenlands aus der Eurozone weiterzuerzählen.“4 Mag die Bundesregierung auc