MS-Therapie im Alter - Was gilt es zu bedenken?

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REPORT


Multiple Sklerose

MS-Therapie im Alter – Was gilt es zu bedenken? Marc Pawlitzki, Münster, Sven G. Meuth, Düsseldorf

Im klinischen Kontext besteht häufig Unsicherheit über die Dauer und Intensität einer verlaufsmodifizierenden Therapie bei Patienten mit langjährig klinisch stabilem Verlauf oder spät diagnostizierter MS. Dieser Artikel stellt die Zusammenhänge zwischen der MS und dem Altern dar und gibt in diesem Kontext Empfehlungen in Bezug auf den Einsatz von Immuntherapien.

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as Zeitalter der selektiven Immuntherapien zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) führt bei einem Großteil der Betroffenen zu einer Krankheitsstabilisierung, die teils über viele Jahre anhält. Insbesondere die Transition in eine sekundär chronisch progrediente Verlaufsform (SPMS) kann zunehmend um Jahre bis Jahrzehnte verzögert werden oder bleibt bei einigen Patienten aus [1]. Diese medizinische Errungenschaft führt automatisch zu einem teils Jahrzehnte anhaltenden medikamentösen Einfluss auf das Immunsystem. In Anbetracht der sich im Alter steigernden Morbidität ist dies wiederum mit einem nicht zu unterschätzenden Infektionsrisiko verbunden [2]. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass eine anhaltende Immuntherapie insbesondere im Alter mit einer erhöhten Inzidenz von Tumoren assoziiert sein könnte [3, 4]. Einen weiteren Aspekt stellt die zunehmende Anzahl erstdiagnostizierter Patienten über dem 50. Lebensjahr dar. Bei dieser Patientenpopulation existiert bis heute keine ausreichende Evidenz hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit für die aktuell zugelassenen Immuntherapien. Im klinischen Kontext besteht somit eine Unsicherheit bei den Behandlern und Patienten über die Dauer und die Intensität einer verlaufsmodi-

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fizierenden Therapie bei langjährigem, klinisch stabilem Verlauf oder eben bei spät diagnostizierter MS. Insbesondere wird die Diskussion dadurch verstärkt, dass man im Allgemeinen von einer abnehmenden Krankheitsaktivität im Alter ausgeht und somit die Immuntherapie möglicherweise gar nicht mehr indiziert sein könnte [5, 6]. Weiterhin sind aktuell ausschließlich Empfehlungen in Bezug auf eine Therapieintensivierung bei fehlender Krankheitsstabilisierung vorhanden [7]. Doch bedarf es dringend auch Konzepte einer Deeskalation und möglicher Therapiebeendigung zur Risikominimierung in langjährig stabilen beziehungsweise milden Verläufen. Dieser Artikel soll einen Überblick über die aktuellen Zusammenhänge zwischen MS und Altern geben und den Umgang mit Immuntherapien in diesem Kontext beleuchten.

MS im Alter – Inzidenz, Prävalenz und Mortalität Insgesamt ist die Lebenserwartung mit einer MS nur geringfügig reduziert [8, 9]. Damit wächst aufgrund der steigenden Lebenserwartung der Allgemeinbevölkerung natürlich auch die Zahl an MSPatienten im fortgeschrittenen Alter [10]. In einer großen Registerstudie aus Italien stellen MS-Patienten über dem 65. Lebensjahr bereits 18 % aller Betroffenen

dar [11]. Trotz der höheren Anzahl chronisch progredienter Verläufe im Alter erfüllt der erhebliche Teil von einem Drittel de