Schmerz und Demenz III

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Schmerz und Demenz III Der polymorbide Schmerzpatient als therapeutische Herausforderung

FNG: Welche schmerzrelevanten Komorbiditäten laufen bei Demenzpatienten zusammen? Welche Formen von Demenzerkrankungen sind besonders betroffen? Pinter: Die Alzheimer-Demenz ist, wie seltenere Demenzformen tendenziell wenig von Komorbiditäten begleitet. Wesentlich mehr Risikofaktoren bringen Patienten mit Vaskulärer Demenz mit. Bei dieser Patientengruppe spielen neben Erkrankungen des Stützapparates vor allem neuropathische Schmerzen im Rahmen von Polyneuropathien eine Rolle. Generell sind die Schmerzauslöser häufig im orthopädischen Bereich zu finden: Der Formenkreis der Osteoporose und degenerativer Gelenkserkrankungen stellt neben lumbalen und cervikalen Spondylopathien sowie Vertebrostenosen den Löwenanteil unter den Ursachen nozizeptiver Schmerzen. FNG: Tritt eine gegenseitige Beeinflussung von Demenz und Schmerz auf? Pinter: Immobilität und Trägheit prägen vor allem fortgeschrittene Stadien der Demenz. Wir wissen heute, dass bei langfristig bettlägerigen Personen mit der Zeit diffuse Missempfindungen auftreten, welche fälschlicherweise als Schmerzen gedeutet werden. Die Qualität dieser Missempfindungen ähnelt einem moderaten aber chronischen Schmerz und geht auf das Fehlen eines sensorischen Inputs durch Vertikalisierung zurück. Diese Erkenntnis hat eine klare Konsequenz für die Betreuung von Demenzkranken: Die Förderung der

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focus neurogeriatrie

körperlichen Aktivität ist wichtig und hat präventiven Charakter. In der Praxis gelingen aktivierende Maßnahmen gut – die Inaktivität Betroffener ist ebenso krankheitstypisch wie eine, freilich vom Schweregrad der Demenz abhängige Antriebsstörung (Apathie). FNG: Wie gelingt die Erfassung von Schmerz bei Demenzkranken? Welche Hilfsmittel eignen sich zur besseren Evaluation der Lebensqualität? Pinter: Die gängigen Werkzeuge und Fragebögen zur Lebensqualität sind bei Menschen mit Demenz in der Regel nicht anwendbar. Einfache Hilfsmittel wie alle Formen von Visuell Analogen Skalen, zum Beispiel als Smily-Score können die Erfassung und Dokumentation der Schmerzen bereichern. In frühen Phasen kann durchaus auf die Expression des Patienten aufgebaut werden. Vor allem das Vorhandensein und die Intensität des Schmerzes können bis zu einem MMSE von 20 zuverlässig ausgedrückt werden. Schwieriger wird die Anamnese bei der Differenzierung einzelner pathognomonischer Schmerzqualitäten wie ‚ziehend’, ‚brennend’ oder ‚dumpf’. FNG: Ist die Schmerzwahrnehmung von Demenzpatienten mit jener von Gesunden vergleichbar? Pinter: Aus heutiger Sicht wird von einer hohen Schmerzschwelle bei Menschen mit Demenz ausgegangen. Wir nehmen an, dass die Wahrnehmung von Schmerz kognitive Mechanismen beinhaltet und somit bei Demenzerkrankungen gestört ist. Die Theorie des Schmerzgedächtnisses bringt diesen pathophysiologischen Ansatz auf den Punkt. Schmerzen werden per se geringer wahrgenommen, die Wahrnehmungen kaum gespeichert. FNG: Welche Optionen haben sich in der Therapie bewährt? Pinter: Primär sollte w