Von der Grundrente zum Lebenserwartungsfaktor
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DOI: 10.1007/s10273-020-2762-8
Bernd Raffelhüschen, Stefan Seuffert
Von der Grundrente zum Lebenserwartungsfaktor In Zeiten der gesellschaftlichen Alterung befindet sich die Rentenpolitik im Zwiespalt zwischen politisch opportunen Leistungsausweitungen und fiskalischer Nachhaltigkeit. Die langfristigen fiskalischen Auswirkungen von leistungsausweitenden Maßnahmen und eine generationengerechte Ausgestaltung der Rentenversicherung lassen sich anhand der Methodik der Generationenbilanzierung quantifizieren. Die langfristigen Kosten der „Rente mit 63“ und des Grundrentenkompromisses entsprechen einer Nachhaltigkeitslücke von zusammen knapp 10 % des Bruttoinlandprodukts. Es zeigt sich, dass der Grundrentenkompromiss die wichtigsten Fundamentalprinzipien der Sozialpolitik bricht. Im Sinne der intergenerativen Gleichbehandlung wäre der dynamische Lebenserwartungsfaktor zur automatischen Anpassung des Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung sinnvoll. Die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) hat die politische und öffentliche Debatte der vergangenen Jahre geprägt und dürfte auch in den kommenden Jahren für Diskussionsstoff sorgen. Denn der näher rückende Renteneintritt der Babyboomer erhöht nicht nur die Dringlichkeit rentenrechtlicher Konsolidierungsmaßnahmen, sondern auch die Popularität von Leistungsausweitungen in der GRV. Die Umlagefinanzierung der GRV wird zukünftig durch den doppelten demografischen Wandel unter massiven Druck geraten. Während aufgrund geringer Geburtenraten immer weniger junge potenzielle Beitragszahler nachrücken, bewirkt die steigende Lebenserwartung einen deutlichen Anstieg der Personen im Ruhestand und damit einen Anstieg der Leistungsempfänger. In den kommenden zehn Jahren wird sich das Verhältnis zwischen Personen im Ruhestand © Der/die Autor(en) 2020. Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (https:// creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de) veröffentlicht. Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.
Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen ist Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge des Instituts für Finanzwissenschaft und Sozialpolitik der AlbertLudwigs-Universität Freiburg. Stefan Seuffert, M. Sc., ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter.
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und Erwerbspersonen durch den Renteneintritt der Babyboomer besonders stark verändern. Zu Beginn der 2000er Jahre stand angesichts dieser schon damals absehbaren Entwicklung die Konsolidierung der zukünftigen Finanzen der GRV im Fokus der Rentenpolitik. Spätestens mit den Regelungen bezüglich der abschlagsfreien „Rente mit 63“ können die rentenpolitischen Maßnahmen in den vergangenen Jahren zunehmend als Leistungsausweitungen bezeichnet werden. Diese Entwicklung setzt sich in Form des jüngst umgesetzten Grundrentenkompromisses fort. Aus der Perspektive der fiskalischen Nachhaltigkeit wäre jedoch eine Wende dieses Trends dringend angebracht. Anstelle immer neuer Leistungsausweitungen ist die Umsetzung zielgenauer Ko
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