Die Rolle des Mikrobioms in der Reproduktionsmedizin

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REPORT


Sandra Haitzinger IVI Mallorca, Palma de Mallorca, Spanien

Die Rolle des Mikrobioms in der Reproduktionsmedizin

Unser zweites Genom

Das Human Microbiome Project

Der menschliche Organismus besteht aus etwa einer Billion Körperzellen, besiedelt ist er jedoch aktuellen Schätzungen zufolge mit zehnmal mehr Mikroorganismen, manche Literaturangaben sprechen sogar von einer Billiarde. Ein bis drei Prozent unserer Körpermasse sind Bakterien, wobei 20–60 % der Bakterien unter Standardbedingungen nicht gezüchtet werden können. Als Mikrobiota bezeichnet man die Gesamtheit aller Mikroorganismen im und auf dem menschlichen Körper. Der Begriff Mikrobiom wurde 2001 vom Mikrobiologen und NobelpreisträgerJoshua Lederberg eingeführtund man versteht darunter die Gesamtheit der Gene, also das Genom der Mikrobiota eines Organismus. Das sind über 3,3 Mio. mikrobielle Gene pro Mensch. Im Vergleich dazu ist das menschliche Genom dagegen mit rund 23.000 Genen relativ klein. Wir haben also 150-mal mehr mikrobielle als eigene Gene. Wir sprechen daher über unser zweites Genom, wobei dies einzigartig für jedes Individuum ist. Prof. Lederberg war Mikrobiologe und Nobelpreisträger aus New Jersey und hat sich viel mit E. coli beschäftigt. Von ihm stammt auch der Begriff der Transduktion, also wenn genetisches Material eines Bakteriums über ein Virus auf ein anderes Bakterium übertragen wird. Heutzutage ist das Mikrobiom zu einem Modewort geworden. Ein Duschgel mit dem Aufdruck „microbiome gentle“ auf dem Cover lässt sich besser vermarkten.

Das Human Microbiome Project (. Abb. 1), eine Initiative des US-amerikanischen National Institute of Health, wurde in 2 Phasen gegliedert. Die erste Phase ging von 2008 bis 2013 und hatte zum Ziel, das menschliche Mikrobiom zu identifizieren und zu kategorisieren. Dadurch erhoffte man sich ein besseres Verständnis, wie sich die Mikrobiota auf Krankheit und Gesundheit auswirken können. Es wurde auch die regionale Verteilung des Mikrobioms aufgezeichnet und länderweit miteinander verglichen. Ziel der zweiten Phase ist nun, das Mikrobiom bei spezifischen Konditionen zu charakterisieren, wie etwa in der Schwangerschaft, bei chronisch-entzündlichen Darmkrankheiten und Typ-2-Diabetes. Das Mikrobiom kann zum Beispiel einer der Gründe sein, warum Medikamente bei manchen Menschen unterschiedlich wirken oder weshalb es bei der gleichen Nahrungsaufnahme bei verschiedenen Menschen zu unterschiedlichen Blutzucker- und Insulinspiegeln kommen kann. Neun Prozent unseres Mikrobioms befinden sich im Urogenitaltrakt, wobei beim Mensch Lactobacillus dominierend ist. Bei anderen Säugetieren sind es andere Bakterien. Man konnte auch feststellen, dass sich das Mikrobiom während der Schwangerschaft verändert.

Lactobacillus Lactobacillus ist ein grampositives Bakterium und gilt als typische Gattung für ein Milchsäurebakterium. Der Gattungsname leitet sich aus dem lateinischen „lactis“ (Milch) und „bacillus“ (kleiner Stab) ab. Der optimale pH-Wert für das Wachs-

tum liegt bei einem leicht sauren pHWert (5–6). Sie wachsen anaerob, sind a