Ein psychiatrischer Patient?
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Der 26-jährige Patient, bei dem seit Jahren eine paranoide Schizophrenie und eine Polytoxikomanie bekannt sind, wird nach intravenöser Eigeninjektion unbekannter Substanzen tobend und in Handschellen von Polizei und Rettung aus der Unfallabteilung eines anderen Spitals in die Notfallaufnahme gebracht. Er ist nicht explorierbar, psychomotorisch extrem unruhig und schreiend. Blutdruck und Puls sind deutlich erhöht, der Patient zeigt eine fragliche Pupillenasymmetrie bei insgesamt stark erweiterten Pupillen. Die Psychiaterin lehnt die Aufnahme des intoxikierten Patienten, der in der Notfallaufnahme auch mit Propofol nicht beruhigt werden kann, ab. Er muss in die Toxikologie des anderen Spitals (zurück-)transferiert werden und wird dort mit Dormicum sediert und intensivmedizinisch überwacht. Was bleibt, ist die Frustration der Sicherheitskräfte und Rettungssanitäter, die dentobendenPatientenüber17 km zu uns und wiederum 17 km retour begleiten mussten, aber auch Unverständnis der Mitarbeiter der Notfallaufnahme, weil „ein psychiatrischer Patient“ nicht von der Psychiatrie aufgenommen und versorgt wird. Es bleibt aber auch die Frustration der Psychiaterin, die von Sicherheitsleuten, Sanitätern und Kollegen der Notaufnahme im eigenen Haus im Wortgefecht als „unkooperativ“, „unwillig“ oder „unfähig“ bezeichnet wird.
Häufig erlebte klinische Situation Es handelt sich hier um eine häufig erlebte klinische Situation. Dabei ist im oben geschilderten Fall die Argumentation, zumindest aus psychiatrischer Sicht, eindeutig: Die Intoxikation und notwendige Sedierung bedingen eine massive vitale
Peter Fischer · Joachim Scharfetter Psychiatrische Abteilung, Klinik Donaustadt, Wien, Österreich
Ein psychiatrischer Patient?
Gefährdung und sind auf der psychiatrischen Abteilung ohne Intensivbett nicht fachgerecht behandelbar. Das Toben des Patienten ist gewiss unangenehm und der Umgang mit aggressiven Patienten „unbeliebt“. Die Fähigkeiten des Psychiaters, zu sedieren, werden von den Kollegen anderer Fächer massiv überschätzt (Stigma „niederspritzen“) und es ist in einer solchen Situation die Erfahrung der Anästhesie notwendig. Ähnlich gelagerte Fälle sind der Epilepsiepatient mit Aggressionsdurchbrüchen in der postiktischen Verdämmerung, den die Neurologie nicht aufnimmt und an die Psychiatrie weiterschickt (die über kein EEG verfügt), oder der Patient mit akutem Myokardinfarkt und deliranter Verwirrtheit, den die Interne auf die Psychiatrie verlegen will („wir können hier keine Verrückten brauchen“), oder der stoffwechselentgleiste Dialysepatient mit organischem Psychosyndrom („der Patient ist hier nicht führbar; müsste schutzfixiert werden“). Gemeinsam ist diesen Fällen, dass sie akut sind und rascher, intensiver Behandlung bedürfen, dass sie interdisziplinär sind und es gleichzeitig und mit rasch wechselnder Priorität Fallführerschaft aus dem Bereich der Internen, der Neurologie, der Psychiatrie, der Anästhesie, der Neurochirurgie etc. bedarf.
siliar- und Liaisondienste, die leider prioritär eingespart werden. Vor allem aber fehlt di
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