Ist Blockchain das Ende der Banken?

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Ist Blockchain das Ende der Banken? Zur Bedeutung von Schulden und Banken in kapitalistischen Ökonomien Barbara Brandl

Eingegangen: 27. September 2010 / Angenommen: 30. Oktober 2020 © Der/die Autor(en) 2020

Zusammenfassung Blockchain verspricht, Intermediäre wie Banken überflüssig zu machen und durch dezentrale Peer-to-Peer-Netzwerke zu ersetzen. Dieser Beitrag stellt die Frage nach der Realisierbarkeit dieser Ankündigung sowie danach, welche gesellschaftlichen Implikationen damit verbunden sind. Eine historisch informierte theoretische Analyse zeigt, dass die Erzeugung von Kreditgeld durch Banken ein für kapitalistische Gesellschaften existenzieller Vorgang ist. Die Fiktion des Geldwerts bedarf ihrerseits glaubwürdiger Intermediäre, die dauerhaft in der Lage sind, die zeitliche und räumliche Stabilität des Geldes zu inszenieren. Explorative Interviews mit Akteuren im Finanzsektor in Kombination mit einer inhaltsanalytischen Auswertung von einschlägigen Blogs, White Papers und Artikeln der Wirtschaftspresse lassen vermuten, dass Blockchain Intermediäre keineswegs ausschaltet, sondern diejenigen mächtiger werden lässt, die in der Lage sind, die Technologie ihren Bedürfnissen entsprechend umzugestalten. Schlüsselwörter Geld · Digitale Technologien · Infrastruktur · Fiktive Erwartungen · Innovation

B. Brandl () Institut für Soziologie, Goethe Universität Frankfurt am Main Hauspostfach 10, 60629 Frankfurt am Main, Deutschland E-Mail: [email protected]

K

B. Brandl

Is Blockchain the End of Banking? The Meaning of Debt and Banks in Capitalist Societies Abstract Blockchain promises to make all kinds of intermediaries redundant and replace them with decentralized peer-to-peer networks. My paper examines the credibility of this claim and questions its societal implications. I argue that the creation of credit money by banks is an existential mechanism in capitalist societies because it sustains the power relations within the society. The fiction of the variability of money relies on trustworthy intermediaries that can temporally and spatially perform monetary stability. Drawing on explorative interviews with actors in the financial sector as well as content analyses of relevant blogs, white papers, and publications of the business press, I conclude that blockchain does not eliminate intermediaries. On the contrary, it proves advantageous for those who are able to shape the technology to their needs. Keywords Money · Digital technologies · Infrastructure · Fictional expectations · Innovation

1 Einleitung Nicht erst seit der Ankündigung des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg, mit Libra eine digitale Währung zu etablieren, überbieten sich die Medien mit Erklärungen, Verheißungen und Sorgen hinsichtlich einer neuen, ominösen Technologie: Blockchain. Die wohl bekannteste Anwendung von Blockchain ist Bitcoin, die erste digitale Währung (Kryptowährung), mit der in einem weltweiten dezentralen Zahlungssystem Transaktionen abgewickelt werden können. Erfunden wurde diese Technologie im Jahr 2008. Eine Person oder Grup