Schwangere in der Intensivmedizin
Auf Intensivstationen zu behandelnde Schwangere stellen eine besondere Risikogruppe dar, da hier grundsätzlich sowohl den medizinischen Bedürfnissen der Mutter als auch des in utero befindlichen Kindes Rechnung getragen werden muss. Daher gilt hier der Fo
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Schwangere in der Intensivmedizin Michael Bohlmann* Klinik f€ ur Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universit€atsklinikum Schleswig-Holstein – Campus L€ubeck, L€ubeck, Deutschland
1 Einleitung In Industriel€andern machen Schwangere weniger als 2 % der intensivpflichtigen Patienten aus, w€ahrend diese Rate in Entwicklungsl€andern mehr als 10 % betr€agt (Gatt 2003; Hazelgrove et al. 2001). Insgesamt findet sich eine höhere Inzidenz der Intensivpflichtigkeit bei Frauen in der Postpartalperiode als in der Schwangerschaft selbst (Vasquez et al. 2007), was durch geburtshilfliche Komplikationen, wie ausgepr€agten Blutverlust, hypertensive Krisen oder postpartale Sepsis, zu erkl€aren ist. Aufgrund der dann möglichen „getrennten“ Behandlung von Mutter und Kind, der guten neonatologischen Versorgungsoptionen sowie der Verwendung von Trink- und Sondennahrung f€ ur das Neugeborene ist hierbei das Risikoprofil differenziert zu betrachten.
2 Ethische Aspekte Die Behandlung von Schwangeren auf einer Intensivstation sollte naturgem€aß in einem Zentrum mit entsprechender Expertise und Ausstattung, z. B. einem Perinatalzentrum mit neonatologischer Versorgungsmöglichkeit, erfolgen (DGGG 2011b). Insgesamt hat sich eine kompetente interdisziplin€are Betreuung durch Intensivmediziner, Geburtshelfer, Neonatologen, Experten weiterer beteiligter Fachdisziplinen sowie ggf. Psychologen im Alltag bew€ahrt. Der Entscheidungsautonomie der – aufgekl€arten – Schwangeren muss dabei Rechnung getragen werden. Bei nicht entscheidungsf€ahiger Patientin sollten die Vorstellungen der Angehörigen in das medizinische Vorgehen einfließen, ggf. kann dar€ uber hinaus ein lokales Ethik-Komitee hilfreiche Stellungnahmen abgeben. Die Entscheidung zum Abbruch oder zur Vorenthaltung medizinischer Maßnahmen bei terminaler maternaler Erkrankung sollte ebenfalls im interdisziplin€aren Konsens getroffen werden (Van Bogaert und Dhai 2008). Dieses Dilemma wird besonders deutlich in der Behandlung hirntoter Schwangerer, bei denen durch intensivmedizinische Maßnahmen die Vitalfunktionen der Mutter einzig zur weiteren Entwicklung des Kindes aufrecht erhalten werden.
3 Diagnostik in der Schwangerschaft 3.1 Bestimmung des Gestationsalters
Bei unbekanntem Gravidit€atszustand einer – ggf. komatösen - Patientin im geb€arf€ahigen Alter kann eine Schwangerschaft durch eine einfache Bestimmung des Hormons hCG (humanes Choriongonadotropin) im Serum oder Urin best€atigt oder ausgeschlossen werden. Ein positiver Testbefund sagt dabei nichts €uber Intaktheit oder Lokalisation (Cave: Extrauteringravidit€at; EUG) der Schwangerschaft aus. Daher sind ggf.
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Die Intensivmedizin DOI 10.1007/978-3-642-54675-4_103-1 # Springer Berlin Heidelberg 2015
Tab. 1 Einflussfaktoren auf das Kardiotokogramm. (Mod. nach DGGG 2011a) Maternal Körperhaltung Fieber Körperliche Aktivit€at Kreislaufschock Uteruskontraktionen
Fetal Bewegungen Hypox€amie Weckreize Verhaltenszust€ande
Fetoplazentar Gestationsalter Plazentainsuffizienz Amnioninfektion Nabelschnurk
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