Mehr als nur ein Schlagwort

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REPORT


DOI 10.1007/s12054-012-0110-6

Praxis aktuell Partizipation und Soziale Arbeit

Mehr als nur ein Schlagwort Partizipation bzw. Inklusion am Beispiel der Werkstättensprecher der Diakonie de La Tour

Rund 2.000 Menschen werden in den Einrichtungen der Diakonie de La Tour betreut, gepflegt und gefördert. Unter ihnen auch viele Menschen mit Behinderung. In Beschäftigungswerkstätten gehen sie Tag für Tag einer Arbeit nach. Wie alle Menschen haben auch sie im beruflichen Alltag Probleme, die es zu besprechen gilt. Mit dem System der Werkstättensprecher erhalten sie Vertreter aus eigenen Reihen, die für ihre Anliegen eintreten – aktive Mitbestimmung im alltäglichen Leben wird für die Klienten somit möglich.

Hubert Stotter *1957 Dr., Ausbildung zum Elektrotechniker, Studium der Theologie am Missionsseminar Hermannsburg (mittlerweile FH für Interkulturelle Theologie) und Wien; Vikariat in Deutschland und den USA; acht Jahre Dozent und Leiter eines theologischen Seminars der Mekane Yesus Kirche in Äthiopien; seit 2000 Rektor der Diakonie de La Tour.

Jeder Mensch ist eine von Gott geschaffene, einzigartige Persönlichkeit - so der Grundsatz christlichen Glaubens. Davon ausgehend wäre es selbstverständlich, dass auch jeder Mensch ein eigenverantwortliches, selbstbestimmtes Leben führen kann. Was aber, wenn ein Mensch nicht der Norm entspricht – mit einer Behinderung lebt und von rechtlicher Seite her mit einem Sachwalter betraut ist? Bedeutet ein Vormund gleichzeitig auch, bevormundet zu werden? Grundrecht menschlicher Existenz

Partizipation bzw. Inklusion sind heute keine bloßen Schlagwörter mehr. Sie beschreiben, dass die interaktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als Grundrecht gesehen wird und wesentlicher Bestandteil menschlicher Existenz ist. [email protected] noch brauchte es auch in der Diakonie mancherorts lange, bis sich gewisse Ansichten änderten und Partizipation bzw. Inklusion zu Grundprinzipien in der Begleitung von Menschen mit Assistenzbedarf entwickelten. Das dürfte auch in einer zu stark ausgeprägten Fürsorgehaltung begründet gewesen sein, welche dem christlichen Ansatz der Nächstenliebe ja naheliegt. So traten beispielsweise in unseren Werkstätten für Menschen mit Assistenzbedarf erst mit deutlicher Verzögerung Entwicklungen in Richtung Partizipation ein, obwohl diese im gesellschaftlichen Umfeld längst selbstverständlich waren. Denn während es in den meisten Unternehmen eine Mitarbeitervertretung wie Betriebsrat und Gewerkschaft gab, konnten Menschen mit Assistenzbedarf in vielen Einrichtungen der Diakonie lange Zeit nicht von solchen Dingen profitieren. Das Modell der Werkstättensprecher

Um Partizipation bzw. Inklusion möglich zu machen, wurden in der Diakonie de La Tour schließlich Modelle wie das der Werkstät-

tensprecher eingeführt. Mittels schriftlicher Wahl oder Handzeichen werden dabei im Rahmen von Klientenbesprechungen Vertreter gewählt. Dabei kommt auch die Unterstützte Kommunikation zum Einsatz: Im Vorfeld mit Fotos aufbereitete Wahlformulare ermöglichen für die Klienten l