Mit HIV kann man leben

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REPORT


Im Blickpunk t

Zu späte Diagnosen, Komorbiditäten und Stigmatisierung – das waren auch im vergangenen Jahr die Themen, die HIV-Infizierte und deren Behandler umtrieben.

Update 2020

Mit HIV kann man leben Die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus ist nach der aktuellen Schätzung des ­Robert-Koch-Instituts zurückgegangen. Das Leben Infizierter wird allerdings noch immer maßgeblich von Stigmatisierung bestimmt. Ist das im Jahr 2020 noch gerechtfertigt?

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bwohl bei einer erfolgreichen Behandlung eine Transmission des humanen Immun­ defizienzvirus (HIV) nahezu ausgeschlos­ sen ist, berichtet immer noch ein großer Teil der in Deutschland lebenden HIV-Infizierten von Diskri­ minierung und Stigmatisierung – häufig auch im Gesundheitswesen. „Ich will Ihnen ja helfen, aber ich muss ja auch die anderen Patienten berücksichtigen“, bekam zum Beispiel der HIV-positive Philipp Spiegel von sei­ nem Zahnarzt als Grund zu hören, warum eine Zahnbehandlung nicht möglich sei. Darüber  be­ richtete er in einem Beitrag zum Thema Diskrimi­

nierung von der Deutschen Aidshilfe. Andere Infi­ zierte erzählten davon, dass sie oft nur den letzten Termin am Tag angeboten bekämen, weil Ärzte oder Praxispersonal fälschlich davon ausgehen, dass nach der Behandlung besondere Reinigungs­ maßnahmen nötig seien.

Infektionen gehen leicht zurück Etwa 87.900 Menschen lebten im Jahr 2018 in Deutschland mit HIV. Das ist die aktuellste Schät­ zung des Robert-Koch-Instituts (RKI) zum Infek­ tionsgeschehen in Deutschland. Davon waren 17.300 weiblich, 70.600 männlich. 54.200 der Infi­ gynäkologie + geburtshilfe  2020; 25 (5)

zierten wurden durch Sex zwischen Männern angesteckt, 10.900 bei heterosexuellen Kontakten und 8.200 infolge von Drogen­ gebrauch. Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus ist dabei leicht zurückgegangen. 2.400 Personen infizierten sich 2018, das sind 100 weniger als im Jahr 2017, schätzt das RKI. Die größte Gruppe unter den Neuinfektionen stellen mit zwei Dritteln wei­ terhin Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Insgesamt über alle Infektionswege hinweg sind 83 % der Neuinfizierten Männer. In der Gruppe der MSM infizierten sich 2018 der Schät­ zung des RKI zufolge 100 Personen weniger als im Jahr davor. Etwa 530 Personen infizierten sich auf heterosexuellem Wege (330 Frauen, 200 Männer), weitere 310 beim Gebrauch intra­ venöser Drogen. Seit dem Jahr 2012 steigt die Häufigkeit der Neuinfektionen mit HIV in dieser Gruppe auf niedrigem ­Niveau [Epid Bull 2019;46:483-504].

Sorgenkind „Late Presenter“ Konstant über die letzten 14 Jahre hinweg verläuft der Anteil der Diagnosen, die erst spät im Infek­tionsverlauf gestellt wer­ den. Fast die Hälfte der 2018 diagnostizierten HIV-Infektionen (47 %) wurden erst mit einem fortgeschrittenen Immundefekt (32 %) oder bereits mit dem Vollbild AIDS (15 %) diagnostiziert. Besonders hoch liegt dieser Anteil bei den Personen, die sich auf heterosexuellem Wege infiziert haben (53 %). Für Dr. Axel Bau